MAK
Kr. 10/11 
Internationale Sammler-Zeitung 
Seite 147 
vorgerufen hat. Besonders reich ist naturgemäß die moderne I 
Original-Graphik vertreten, der Museumdirektion ist es 
gelungen, auch graphische Zyklen, die nur in sehr beschränkter 
Auflage in den Handel kamen, für die Ausstellung zu gewinnen. 
Von der extravagantesten Moderne der jüngsten Münchener 
und Berliner Künstlerkreise bis zu den Vertretern der aka 
demischen Schablone sind hier fast sämtliche Spielarten der 
modernen Graphik zu sehen; auch der Humor kommt in den 
ulkigen, satirischen Zeichnungen Hengelers reichlich zur 
Geltung. Fast lebensgroße radierte Porträts von den öster 
reichischen Meisterradierern Unger und Schmutzer halten 
die Züge unseres Kaisers, des Deutschen Kaisers und des er 
mordeten Thronfolgers fest; aber auch von den verbündeten 
Heerführern sind zahlreiche meisterhafte Porträts da. Die 
Kriegskeramik der vereinigten Wiener und Gmundener 
Werkstätte füllt eine ganze Vitrine, in einer kleineren Vitrine 
sind die reizenden Gläser vereinigt, die das Arbeits-Mini 
sterium als Kriegs-Erinnerungsartikel nach Entwürfen von 
Josef Hoffmann und anderen in böhmischen Fachschulen und 
Glasfabriken hat herstellen lassen. Unter den ausgestellten 
Medaillen, die durch die Ereignisse des Krieges hervorgerufen 
sind, befindet sich eine Reihe einwandfreier Kunstwerke; die 
farbigen Modebilder (Holzschnitte) von Künstlern des öster 
reichischen Werkbundes, welche zeigen sollen, wie sich Wiener 
Künstler die Befreiung von den ausländischen Modevorbildern 
denken, werden ob ihrer bizarren Haltung wohl eher Befremden 
erregen. Ungeteiltes Interesse dürften dagegen die in großer 
Zahl ausgestellten deutschen und österreichischen Vivat 
bänder, ferner die von der Leitung der „Ostmark“ darge 
liehenen farbigen Original-Entwürfe zu den Kriegspost 
karten der „Ostmark“ und endlich die — mit dem Gesamt 
inhalt der Austeilung allerdings nur lose zusammenhängenden 
- Feldpostkarten unserer tapferen Krieger mit dem Dank 
für die Weihnachtsliebesgaben der drei vereinigten Linzer 
Frauen-Organisationen finden. 
(Die Stifterfiguren im Naumburger Dom). 
In der letzten Sitzung der Berliner Kunstgeschichtlichen 
Gesellschaft sprach Dr. Cohn-Wiener über die berühmten 
Stifterfiguren im Naumburger Dom. Der Vortragende ver 
suchte, sechs der Steinfiguren als eine einheitliche Gruppe 
von den übrigen Figuren abzusondern und für sie eine frühere 
Entstehungszeit nachzuweisen. Die übrigen Figuren sind nach 
der Ansicht des Vortragenden mit den allgemein für späte 
Arbeiten des Naumburger Meisters angenommenen Lettner 
skulpturen als gleichzeitig entstanden anzusehen. Der Vortrag, 
der auch die anderen Arbeiten, die dem Naumburger Meister 
in Naumburg und an anderen Orten zugeschrieben werden, 
auf ihre zeitliche Entstehung hin untersuchte, gelangte unter 
anderen zu dem bemerkenswerten Ergebnis, daß die Reliefs 
in Mainz, die als frühe Arbeiten des Naumburger Meisters 
angenommen werden, unmöglich früher als die Naumburger 
Stifterfiguren entstanden sein können, da sie ein schon aus 
gesprochenes gotisches Stilempfinden aufweisen. Schließlich 
ist noch zu erwähnen, daß der Vortragende ein bisher nicht 
publiziertes Bildwerk mit dem Stil des Naumburger Meisters 
in Zusammenhang brachte, das Steinrclicf einer Opferung 
Isaaks im Frauenhause zu Straßburg. 
(Wettbewerbe für Plakate). Der Verein der Plakat 
freunde in Berlin veranstaltet zum Teil gemeinsam mit dem 
Deutschen Luftflotten-Verein mehrere Wettbewerbe für 
Plakate, Zeitschriften-Umschläge usw. zugunsten der während 
des Krieges schwer notleidenden Künstlerschaft. An Preisen 
stehen über M 2000 zur Verfügung. Dem Preisrichter-Kollegium 
gehören unter anderen Lucian Bernhard, ProfessorEmilOrlik, 
Professor Dr. Gustav Pazaurek an. Nähere Bedingungen 
durch die Geschäftsstelle des Vereins der Plakatfreunde 
E. V., Berlin-Charlottenburg 2, Joachimstaler Straße I. 
(Diebstahl einer Mahometf ahne.) Reichsdeutsche 
Blätter melden: Auf nicht aufgeklärte Weise ist von einer 
der Kompagniekammern in der Kaserne des I. Garde-Re- 
1 giments zu Fuß die zum Schellenbaum 1. Garnitur gehörige 
sogenannte Mahomctfahne abhanden gekommen, ein in Silber 
stickerei gehaltenes Stück von besonderem Wert. Die Fahne 
mißt etwa 38 bis 32 cm und zeigt auf der Vorderseite einen 
heraldischen Adler, dessen Kopf mit der Krone geziert ist. 
In der rechten Klaue trägt er ein Schwert, in der linken ein 
Bündel mit Blitzen. Rechts und links von ihm befinden sich 
2 Wappenschilder, unter ihnen ein Band mit Eichenlaub mit 
der Inschrift „Erstes Garderegiment zu Fuß". Die Rückseite 
zeigt ein verschlungenes W. R., umgeben von Eichenlaub, 
und darüber eine Krone. 
(Mannheimer Kriegserinnerungen). Man berichtet 
aus Mannheim: Der hiesige Altertumsverein hat eine Aus 
stellung von Kriegserinnerungen eröffnet, deren finan 
zielles Ergebnis der Kriegsfürsorge zugewendet werden soll. 
Die reichhaltige Schau gibt nur eine Auswahl der vielen Gegen 
stände, Schriftstücke, Porträts, Drucksachen usw., die dem 
Verein bereits zur bleibenden Erinnerung übergeben wurden, 
denn es schwebt den Veranstaltern bei ihrer eifrig betriebenen 
Sammlung der Gedanke eines Kriegsmuseums vor, das in 
seiner kulturhistorischen Bedeutung dereinst als eine Er 
gänzung der großen Zeughaus-Sammlungen gelten kann! 
Einstweilen sieht es in den paar verfügbaren Sälen des Alter 
tumsvereins noch etwas bunt aus, trotz der großen Mühe, 
die sich insbesondere Professor Walther mit der Sichtung des 
Materials gegeben hat. Überaus interessant sind die vielen 
Zeichnungen, Zeitungen, Druckschriften und anderes mehr 
aus dem Felde, dann deutsche Verordnungen und Maueran 
schläge im besetzten Feindesland, Kriegsnotgeld, Kriegsbrief 
marken, ganze Serien anschaulicher Farbenskizzen aus Ge 
fangenenlagern und als ein eigenartiger Beitrag die Kriegs 
kochrezepte auf den Fahrscheinen der Wiener Straßenbahn. 
Diese Rezepte haben eine viel größere Rücksicht auf die echt 
wienerische Freude am Schmackhaften genommen als auf 
die durch die Zeiten gebotene Sparsamkeit, und so blieben 
denn diese Kriegskochvorschriften in den Anfängen stecken. 
Von rein lokalem Interesse sind die photographischen Auf 
nahmen aus den hiesigen Lazaretten, aus dem Kriegerheim 
und endlich die Ehrentafel der gefallenen Mannheimer. Alle 
diese Erinnerungszeichen und Gedenkblätter sollen planmäßig 
vermehrt werden und einen Überblick über das gewähren, 
was uns in dieser Zeit der ungeheuren Geschehnisse so oft tief 
bewegt hat. Und als hätte ein ganz besonderes Ereignis dem 
Eröffnungstag der Kriegsgedenk-Sammlung den Stempel auf 
drücken wollen, kam morgens das französische Fliegerge 
schwader zu uns. Diese Kriegserinnerung kann man freilich 
nicht in das Museum legen, höchstens als Zeitungsnotiz, aber 
wer die Bombardierung aus der Luft miterlebt hat, wird sie 
gewiß nicht vergessen. 
(Eine Sammlung friesischen Kunstgewerbes.) Das 
friesische Museum in Leuwardene, der Hauptstadt von 
Holländisch Friesland, hat einen reichen Zuwachs erhalten 
durch die Angliederung der Sammlung Bisschop. Sie wurde 
durch den bekannten Maler von Innenstücken Christoffel 
Bisschop (1828—1904) zusammengebracht und ist jetzt 
nach dem Tode seiner Witwe an das Museum gefallen, das 
erst durch die Errichtung neuer Anbauten eine Aufstellung 
dieser bedeutenden Zuwendung ermöglichen konnte. Die 
Sammlung umfaßt vor allem das friesischeKunstgewerbe (Haus 
rat, Kleinbildhauerei, Webarbeiten, Metall, Fayencen usw.), 
das in den neuen Sälen eine eindrucksvolle Aufstellung erfahren 
hat. Auch eine Reihe vortrefflicher Stücke des Kunstgewerbes 
und der Kleinplastik der Niederlande gehört zu der Sammlung» 
(Altertumsfunde in Friedrichsruh). Auf dem Fürst 
lich Bismarckschen Gute wurde ein Grab aus der Steinzeit 
bloßgelegt, dessen Inhalt von dem Museumsdirektor Dr. Knorr 
in Kiel untersucht worden ist. Das Grab enthielt zwei hohe, 
wohlerhaitene Urnen mit Tiefstichornamenten, die etwa 
3000 Jahre alt sind. Die fürstliche Gutsverwaltung überwies 
den wertvollen Fund dem Vaterländischen Museum als Ge-
	        
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