Nr. 18
Internationale Sammler- Zeitung
Seite 225
Drei große Münzstände sind es, die zu deutscher Zeit dort
in Betracht kommen: das Bistum Dorpat, das Erzbistum
Riga und der Schwertbrüder-Orden. Dorpat ward 1224
vom deutschen Kaiser mit dem Münzrecht begnadet, an
scheinend hat aber erst Bischof Bernhard II. (1290—1299)
geprägt. Die Münztätigkeit dauerte bis Hermann Weiland
von Wesel (1552—1558). Rechnungsmünze war die Mark,
ausgeprägt wurde sie in 4 Ferding zu je 5 Schilling zu je
8 Artiger. Riga erhielt die Münzgerechtsame ebenfalls 1224,
prägte ohne Namen des Erzbischofs seit Albert von Appel-
dern (f 1229) und mit Namen seit Johannes Habundi
(1418—1424). Unter Jaspar Linde (1509- 1524) kamen
größere Nominale auf: Doppelschillinge und Markstücke,
unter Wilhelm, Markgraf von Brandenburg, dem letzten
Erzbischof (1539—1563) auch Goldgulden. Miin zmeister
waren Hans Schnell, Thomas und Christoph Ramm und
Martin Wulff.
Eine nicht unbedeutende Münztätigkeit entwickelte der
Schwcrtbrüder-Orden (Schwertritter, Gladiferi). Zweifelhaft
bleibt die Prägung unter Heermeister Cysse von Rutenberg
(1424—1433), die sicheren Münzen beginnen mit Berndt von
der Borg (1447—1483) aus Wenden, Riga und Reval. Der
erste Taler und ein 10-Dukatstü'ck sind von 1525, der erste
Dukat von 1535. Unter Heinrich von Galen (1551—1557),
Wilhelm von Fürstenberg (1557- 1559) und Gotthard
Ketteier, dem letzten Heermeister (1539—1561) sind einige
Vr-Taler-Klippen, VzTaler, Taler und Goldstücke geprägt
worden, alle von besonderer Seltenheit. Den Beschluß des
Vortrages machte die Erörterung der gemeinsamen Prägung
des Erzbistums Riga und der Heermeister, die auf kleinere
Nominale bescbränkt blieb. Der Vortragende belegte seine
Ausführungen für jeden der drei Münzstände durch eine
Reihe Gepräge aus seiner Sammlung, darunter noch inedierte
Exemplare. — Obermünzwardein Mittmann sprach über
die in der Herstellung begriffenen neuen deutschen Fünf-
Pfennigstücke aus besonders für Prägezwecke hergerichteten
Siemens-Martin-Eisen, wobei er hauptsächlich die münz
technische Seite eingehend beleuchtete.
(Geschichtliche Falschstücke.) Bei der Zahlung der
französischen Kriegskontribution, die 1871 von Frankreich
an Deutschland geleistet wurde, wurde auch ein Teil verein
barungsgemäß in Papiergeld ausgezahlt. Hier stellte sich nun
heraus, daß ein nachgemachter preußischer Hunderttalerschein
darunter war. Sicherlich ohne Verschulden der betreffenden
amtlichen Stellen in Frankreich, denn die Nachahmung war
eine so vorzügliche, daß ihre Entdeckung selbst in Preußen
nicht leicht war. Es wurde dann ermittelt, daß die Nachahmung
während der Belagerung von Paris von einem Pariser Graveur
ausgeführt worden war. An der Stelle der üblichen Strafan
drohung standen die Worte: ,,Wer Guillaume oder Bismarck
lebendig der französischen Republik ausliefert, erhält dafür
die Summe von 10 Mill. Francs.“ Dieses eigenartige Falsch
stück fand sofort einen Liebhaber, der es für hundert Taler
erstand, so daß die Oberrechnungskammer keinen Anlaß hatte,
deswegen nach Paris eine Beschwerde zu senden. Der „Scherz“
des feindlichen Pariser Graveurs erinnert übrigens an den
ähnlichen eines schlesischen Arbeiters in der Königlich preußi
schen Münze zur Zeit Friedrichs des Großen. Dieser Schlesier
war nach den Kriegen, durch die er Preuße geworden war,
auf seinen neuen Herrscher nicht gut zu sprechen, und so
leistete er sich den Witz, die Worte „Ein Reichsthaler", die
auf den mit dem Kopf des Königs geschmückten preußischen
Talern am Rande geprägt waren, so zu trennen, daß man
lesen mußte: „Ein Reich stahl er." Erst nachdem eine Anzahl
solcher Taler die Münze verlassen hatten und in Verkehr
gekommen waren, entdeckte man das Münz- und Majestäts
verbrechen, und der Attentäter wurde festgenommen. Die
Taler waren aber nicht mehr alle zu ermitteln, und es haben
sich denn auch einzelne als hochbezahlte Merkwürdigkeiten
in Münzsammlungen erhalten.
Philatelie.
(Seltene Briefmarken.) Als Warschau von den Deut
schen erobert worden war, gab die damals geschaffene Bürger
versammlung rasch nationale Briefmarken heraus. Für den
Bedarf des Stadtpostverkehrs waren diese Briefmarken mit
1. Oktober ausgegeben und waren nur bis zum 7. Oktober im
Gebrauch, da an diesem Tage die deutsche Stadtpost eröffnet
wurde! Diese Briefmarken lauteten auf 5 und 10 polnische
Groschen. Sie tragen als Zeichen der Ausgabestelle die Buch
staben ,,K. O. M. W.“ (Bürgerkomitee der Stadt Warschau).
Verschiedenes.
(Kriegsandenken aus Geschoßhülsen.) Das Kriegs
fürsorgeamt in Wien hat im Zentrum der Stadt (Graben
Nr. 21) ein Verkaufslokal errichtet, in dem aus Geschoß
hülsen, Steigbügeln, Hufeisen, Schrapnellstücken usw., die
auf verschiedenen Kriegsschauplätzen gefunden wurden, an
gefertigte Gegenstände des Kunstgewerbes verkauft werden.
(Der blaue Maler.) Im Alter von 53 Jahren ist der
schwedische Maler Eugene Jansson gestorben, nachdem er
bereits seit mehreren Monaten gelähmt und untätig dahin
siechte. Seinen heimischen Beinamen „der blaue Maler“ ver
dankt er seinen Stockholmer Ansichten, die man aus dem
dortigen Nationalmuseum, der Thielschen Galerie, der Fürsten-
bergschcn Sammlung in Gotenburg und aus der schwedischen
Ausstellung der Berliner Sezession vor einigen Jahren kennt.
Ähnlich wie Bruno Liljefors, hat er nur eine ganz unwesent
liche Lehrzeit durchgemacht und sich bald mit seinen dekora
tiven blauen Stockholmer Landschaften eine Eigenheit ge
schaffen. Es waren meist Ausblicke von der hochgelegenen
Südstadt auf den Mälar und die Insel der Altstadt in der
Dämmerung oder in der Dunkelheit, die er als schweres blaues
Leuchten von Luft, Land und Himmel wiedergab. Während
des letzten Jahrzehnts wandte sich Jansson anderen Aufgaben
zu: er ließ das freie, gleißende licht auf scharfmodellierte,
sonnengebräuntc Körper ausströmen und suchte im Zeich
nerischen neue Ausdrucksformen, an denen er vorher vorüber -
gegangen war. Auf R. Berghs bekanntem Gruppenporträt
(des Stockholmer Museums) sind auch seine Züge überliefert.
(Die Madonna Von Guido Reni in der Droschke.)
Der Ruhm des kühnen Diebes der „Gioconda“ hat seinerzeit
auf manch romantisch veranlagtes Gemüt anspornend gewirkt.
Vor einem Jahr kam man einem groß angelegten Diebstahl
im Landhause des Cav. Tito Serventi in Fumone auf die Spur,
dem neben einigen kostbaren Altertümern auch ein wertvolles
Madonnenbild von Guido Reni zum Opfer gefallen war. Die
Untersuchung führte zur Verhaftung von zwei verdächtigen
jungen Leuten, die auf Grund einiger bei ihnen Vorgefundenen
Gegenstände zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt wurden.
Das Bild aber von Guido Reni war und blieb verschwunden.
Durch weitere Nachforschungen wurde die römische Polizei
auf einen gewissen Angelo Ghinfanti aufmerksam, der sich
aus dem Ankauf und Verkauf von Automobilen einen Beruf
machte. Es .gelang den Geheimpolizisten nun, ihn bei einer
Wagen fahrt zu verfolgen, und, während der nichts Gutes
ahnetide Ghinfanti den Kutscher zur Eile antrieb und
schleunigst in seinem Hause verschwand, wurde bei der Unter
suchung des Wagens auf dem Verdeck die zusammengerollte
Leinwand des Guido Reni entdeckt, die eine schmerzhafte
Muttergottes darstellt. Augenscheinlich war Ghinfanti bisher
erfolglos von einem Antiquitätenhändler zum anderen geeilt,
um das Bild los zu werden. Die Haussuchung ergab noch einen
reichen Schatz an wertvollen alten Spitzen und altertümlichen
Gegenständen und führte natürlich zur Verhaftung des kühnen
Bilderdiebes.
(Altnordische Keramik.) Im Nordischen Museum zu
Stockholm wurde eine Ausstellung von Erzeugnissen alter
nordischer Keramik eröffnet. Die Ausstellung umfaßt zum