Nr. 1
Internationale Sammler -Zeitung
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Ein moderner Mensch, hat er auch schon mit
mancher alten „Tradition“ im Hause aufgeräumt. So
hat er, als der Wunsch, laut wurde, daß während der
stundenlang andauernden Auktionen geraucht werden
dürfe, das unverständliche Rauchverbot ohne viel
Federlesens aufgehoben. So geringfügig diese Neue
rung auch erscheinen mag, ist sie doch als Symptom
eines neuen frischen Zuges zu werten, der mit Herrn
Hallama in das Dorotheum kommt.
Mit wievielen Traditionen wird er noch zu brechen
haben! Aber er darf es sich nicht verdrießen lassen,
will er, woran wir gerne glauben, das Dorotheum zu
einem maßgebenden Faktor im Kunst- und Wirt
schaftsleben des Staates machen.
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Ein neuer Wiener Kunstsalon.
Der Kunstsalon Wolf rum, der dieser Tage im
Herzen Wiens, im. Hause I., Kohlmarkt 4, eröffnet
wurde, ist hauptsächlich der Kultivierung moderner
Kunst gewidmet. Das Gebiet ist aber hier nicht so enge
abgesteckt, wie es bei modernen^ Kunsthandlungen
gang und gäbe geworden: Der Kunstsalon Wolfrum
ist nicht einseitig auf irgend eine der vielen Kunst
richtungen eingestellt, jede Art moderner Malerei soll
hier eine Pflegestätte finden. Wir sehen denn auch da
die heterogensten Kunstformen friedlich nebeneinander:
da das Werk eines Sezessionisten, dort wieder das eines
Repräsentanten der „Zeitkunst“, da einen Vertreter
der Genossenschaft bildender Künstle:, dort einen
Hagenbündler und so fort mit Grazie in wohltuender
Abwechslung, Bestimmend für die Aufnahme in den
Salon Wolfrum scheint einzig und allein der Umstand
zu sein, daß das Werk Qualität hat und das ist hier
so ziemlich bei allen Objekten der Fall
Betreten wir den ersten Saal, so fallen uns zu
nächst die Vortrefflichen Arbeiten Hans Temples
ins Auge, „Stilleben“ und „Die neue Sendung“, die
wohl rasch den Weg in das Heim eines Liebhabers
finden werden. Altmeister Hlavacck ist mb einem
„Motiv vom Mönchsberg“ vertreten, das alle Vorzüge
dieses Künstlers aufweist.'Professo Jungwirth hat
neben feinen Blumeistilleben (Prin dn, weiße Rosen,
Frühlingsblumen) auch eine effektvolle Landschef'-
und einen „Sizilianisc.hen Fiscle, “ beigestellt. Die
frische Malweise Wodnanskys kommt in seinem
„Kostümfest im Walde“ bestens zur Geltung, doch ist
auch die „Dame am Spinett“ nicht zu unterschätzen.
Albert Janesc.h, dessen Tierstudien im Künstlerhause
gebührende Beachtung gefunden, zeigt hier, daß er
auch im Genrebild seinen Mann stellt: „Tiroler Bauer
mit Hut“ und „Mann mit Bart" sind vollwertige
Proben seines Könnens auf diesem Gebiete. Auf Walter
Stoitzncr scheint das Talent seines Vaters über
gegangen zu sein; man wird nach dem, was er hier
zeigt, seine weitere Entwicklung mit Interesse ver-
folgen. bu* tä
Im zweiten Saale dominiert Josef Engelhart, der
eine Reihe anmutiger Mädchengestalten vor führ’.
Professor Harlfinger hat sich diesmal seine Motive
aus Polen geholt: seine „Lubliner Stadtgrenze“ und
„Lubliner Judentoi“ reihen sich seinen besten Arbeiten
an. Frau Professor Harlfinger, als tüchtige Radiererin
geschätzt, ist mit „Margeriten“ nicht übel Vertreten.
Von Grom-Rottmayers Arbeiten spricht der „Morgen
am Attersee“ am meisten an, doch sind auch „Im
Gartenhaus“ und „Sommerzeit" von guter Wirkung.
Von Hans Fiele finden wir beachtenswerte Kopien
nach Denn er.
Im, dritten Saale sind die Bilder von Emerich
Sc.h.af fr an besonders hervorzuheben, doch bestehen
auch gut Arbeiten von Ernst Eck (Stilleben), Reinhold
Klaus (Klosterneuburg), Robert Fix (Stilleben), Rolf
Sigurd, Professor Landa, Anton Velirn. und Johannes
Fischer.
Eind Flucht von Sälen ist der Kollektivausstellung
des Malers Leo Katz eingeräumt, in dessen Arbeiten
sich eine staunenswerte Vielseitigkeit offenbart. Katz
hat sich mit Glück in allen Techniken versucht, das
Beste leistet er unstreitig als Zeichner, w-omit aber nicht
gesagt sein soll, daß sich auch seine Gemälde nicht sehen
lassen können. Besonders gelungen sind seine Novelli-
porträts, in denen der Künstler in seinen bestenRollen
mit wunderbarer Naturtreue festgehalten ist. Fr]. Mandl
ist mit ebenso viel Liebe wie Talent gemalt; dagegen
ist die „Zwietracht“ von einer unheimlichen Natura-
listik.
Mit dem Kunstsalon Wolfrum ist auch, ein Kunst
verlag verbunden, der künstlerische Reproduktionen
aller Art sich zum Ziele gesetzt hat. Einen Grundstock
par excellence bilden die herrlichen Wiedergaben, die er
vom Kunstverlag R. Löw r y übernommen hat. Es sind
da Reproduktionen nach, den berühmtesten Gemälden
des kunsth.istorisch.en Museums, der Galerien Liechten
stein, Czernin, Ilarrach, Schönborn, der Akademie der
bildenden Künste und der Staatsgalerie sowie der
Prager Gemäldegalerie und der Galerie Nostitz in Prag.
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Die zweite Schelle-Auktion.
Die zweite Schelle-Auktion, die Herr August Jo
hannes Schelle im Dorotheum selbst leitete, nahm
bei reger Beteiligung von Sammlern und Kunsthändlern
aus dem In- und Auslande einen sehr flotten Verlauf.
Geradezu spannend gestaltete sich der Kampf um die
alten Gemälde: so begann Altdorfers „Pyramus und
Thisbe“ mit einem Ausgebot von K 100.000 und stieg
in raschen Sprüngen auf K 210.000, um 'welchen Preis
das Gemälde Paul Cassirer in Berlin zugeschlagen
wurde. Ein weit höheres Angebot aus der Schweiz
kam zu spät, um noch berücksichtigt werden zu
können. Wie das Meisterwerk Altdorfers gingen übrigens
auch, viele andere Bilder insJAusland, insbesondere
nach Ungarn, das in den letzten Jahren das Haupt
kontingent bei den Wiener Auktionen stellt. Italiener
und Franzosen bekundeten ihr Interesse namentlich,
für die aparten Schöpfungen des Kunstgewerbes,
die denn auch durchwegs gute Preise erzielten. Un
verkauft blieb merkwürdigerweise das interessante
Originalmodell der Pestsäule am. Wiener Graben, für
das wohl in erster Linie die Wiener Museen in Betracht
kamen. Wo blieben diese?
Der Gesamtertrag der zweiten Schelle-Auktion über
stieg w r eit eine Million.