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einer Reihe Sandhügel bis an die Donau hinab die Äcker des Adels von Duna-
Szent-György. Noch weiter unten folgt das unglückliche Gerjen, an den: die dort stark
versandete Donau so oft ihren Grimm ausläßt, und das reich bevölkerte, von schöner
Kirche überragte Fadd, gleichfalls im Rachen der Donau gelegen, eine der volkreichsten
Gemeinden des Tolnaer Comitats mit einem Tabak, der zu den besten ungarischen Sorten
gehört. Das alte Tolna, das römische Uta ripa, wo schon König Stephan der Heilige
Gesetze schuf, wo König Matthias in heiteren und lehrreichen Gesprächen glänzende
Beweise seines Witzes und zugleich seiner Sachkenntniß in religiösen Fragen gab, wo in
der Zeit vor Mohäcs auch Reichstage abgehalten wurden und nach dem Tage von
Mohäcs sogar eine Hochschule der Reformirten fast hundert Jahre blühte, war einst ein
mit Festungsmauern umgebenes, von Magyaren reich bevölkertes königliches Besitzthum.
Die Grundfesten der Mauern sind jetzt in der Donau oder noch weiter fort, jenseits des
Flusses zu suchen, die magyarische Einwohnerschaft aber wurde von hindurchziehenden
Kriegsschaaren theils mitgerissen, theils verscheucht, um sich an ruhigeren Orten nieder
zulassen, so namentlich in dem waldumgebenen, von einer halbmondförmigen Krümmung
der Donau umhegten Bogyißlö, wo sie mit ihrem calvinistischen Glauben und mit den
zum Theil noch heute vorhandenen Stücken ihrer geweihten Kirchengefäße dauernde
Zuflucht fand. Aus dem Nachen der Türken in den Rachen der Donau. Und dennoch
war es besser so, denn die Leute sagten: die Donau nimmt, was der Winter uns gelassen,
der Türke aber nahm auch, was der Sommer uns gegeben. Auch die Hochschule zog mit
ihren Professoren und Studenten fort, nach Kecskemet. Die Stadt der ausgewandcrten
Magyaren wurde nach langer Verödung von Deutschen besetzt. Es waren rührige Gewerbs-
lente, tüchtige Ackerbauer, gewandte Kanfleute, Meister der Knnstweberei, ausgelernte
Schiffszimmerleute, kühne Schiffer und glückliche Fischer. Die ^lta rixm aber, in ihrer
erhöhten Lage an der Donau, wird bald gar nicht mehr zu unterscheiden sein hinter
ihrer verschlammten Donau, die dort kaum mehr eine Strömung hat, nachdem ihre
30 Kilometer große Schleife durch den Bogyißlöer Durchschnitt (dort „Grabung" genannt)
auf 7 Kilometer verkürzt worden. Auch das Interesse der glücklichen Fischer wurde dadurch
verkürzt; das Tolnaer Donanbett wird immer seichter, so daß es an manchen Stellen schon
durchwatet werden kann. Das Edelwild der Tiefe, der mächtige Hausen, sucht cs also immer
seltener auf, und in gleichem Maße werden die Fischerhütten längs des Ufers seltener
nebst den umfangreichen großen Netzen, die rings um sie her zum Trocknen ansgebreitet
waren. Und nicht minder verkürzt ist das Geschäft der findigen Schiffsleute. Einst war
Tolna eine der berühmtesten Schiffswerften und Hauptplatz der Schleppschiffsgeschäfte
an der ungarischen mittleren Donau. Die Getreide-Ernten und Holzerzeugnisse beider Ufer
wurden bei einem Wettbewerb, der von Budapest bis Esseg reichte, durch Tolnaer