MAK
kommt nicht CARRIERE, der 
unendlich sanft Verdämmern 
de, vomMonde herab und bringt 
dessen Mondschein mit sich? 
Oder steigt nicht FOWXER 
aus grünen Meerestiefen auf? 
Bei WALTON ist die Weit ein 
Gobelin, eine halbe Stunde vor 
Sonnenuntergang gesehen. Bei 
RAFFAELLI scheint sie von 
einem Sturm durchbraust zu 
sein, der die Dinge zerzaust und 
nach und nach von der Lein 
wand hinwegwehen wird. Und 
alle diese verschiedenen Wahr 
heiten sind gleich wahr; denn 
die Augen, die sie so sehen, sind 
nicht wegzuleugnen. Man sieht 
heute weit mehr und mannig 
faltiger, als man jemals gesehen. 
Man begeistert sich für Seiten 
der Erscheinung, die früher gar 
nicht beachtet wurden. 
Man ist virtuos geworden 
im Wahrnehmen von Unter 
schieden, selbst solchen, die 
wirklich bloss in der Eigenheit 
des Beschauers liegen. Über 
haupt ist das Wollen an Stelle 
des Dürfens getreten. Die Phan - 
tasie ist wieder zulässig. Sie 
führt sogar das grosse Wort, 
selbst in Zolas Naturalismus. 
Heute sind sogar Farbenphan 
tasien möglich, die sich nichts 
weniger als an die Menge wen 
den, vielmehr bloss Andeutun 
gen machen für die ganz We 
nigen, denen es gegeben ist, sie 
weiterzuempfinden. Luft,Licht, 
das sind die beiden grossen An 
reger der malerischen Phanta 
sie. Bei allen diesen trefflichen 
Stimmungsmalern, Farbenfor 
schern oder auch Adepten des 
Farbenexperiments ist diese 
Phantasie am Werk. 
Und welche Phantasie ge 
hörte dazu, das Darstellungs 
gebiet des eigentlichen Realis 
mus so zu erweitern, dass ganze 
grosse Gebiete des modernen 
Lebens als Kunststoff erkannt 
wurden. Welche Umdeutung 
hat sie bewirkt, welche Um 
wertung der ästhetischen Be 
griffe, wie durch Hexenzauber 
(„schön ist hässlich, hässlich 
schön“), dass man heute in dem 
Cabinet voll Arbeiter-Statuet 
ten Constantin MEUNIER S 
steht, als stünde man in einem 
Antiken - Cabinet. Phantasie 
überall, von Eugen GRAS- 
SET s Placaten und decorativen 
Träumereien bis zu BAR 
THOLOME 3 merkwürdig er 
sonnenem Grabmal und Au 
guste RODIN s küssend, rin 
gend, spielend verflochtenen 
Gestalten. Phantasie in dieser 
ganzen grösseren und kleineren 
Plastik, die stofflich und tech 
nisch von Erfindungskraft über 
sprudelt. Ein Jean DAMPT, 
ein Alexandre CHARPEN- 
TIER sind das Vielseitigste, 
was es je in der Bildnerei ge 
geben. Charpentier treibt in 
allen Metallen, aber auch in 
Leder und Papier; von seinen 
„gaufrierten“Zeichnungen und 
Farbendrucken bis zu jenem 
reizenden Schränkchen fürKin- 
derwäsche mit Zinnreliefs liegt 
einPanorama von technischem 
Können. Das Ehepaar VALL- 
GREN mit seinen mancherlei 
Künsten,BAFFIER mit seinem 
neuen „Edelzinn“ als Stellver 
treter eines ganzen Völkchens 
von Zinnleuten, VAN DER 
STAPPEN, FRAMPTON 
und C ARABIN mit seinen pro 
teusartigen Serpentinösen — 
überall tummelt sich der schö 
pferische Einfall. Der trockene 
Realismus, diese richtige Phili 
sterkunst des allezeit Hand 
greiflichen, hat gründlich abge 
wirtschaftet. Das war Kunst für 
ein stimmungsloses Publicum. 
Heute sehen wir überall ein 
Tauchen in tiefere Tiefen, ein 
Aufschwingen in höhere Hö 
hen; man hat erkannt, dass die
	        
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