Kopfende des Bettes ist der Wald am dichtesten, gegenüber bei der
Thüre zur Terrasse am dünnsten, dort ist gleichsam der Waldsaum
und es geht ins Freie, in die Wiese, - auch ist draussen die Innenseite
der Terrassenbrüstung mit bunten Wiesenblumen bemalt. Warum
sollte der stilisirende Künstler die Natur unter allen Umständen über
einen Leisten schlagen? Es muss ihm frei stehen, auch den Stil so zu
tönen, wie er der Stimmung des Raumes am besten entspricht.
Dieses Schlafzimmer verdient aber etwas genauer geschildert zu
werden.DerLeser kann es sichvorstellen,wie die lichte Wandlandschaft
hinter dem dunkel-rothvioletten Holzwerk der Gesammteinrichtung
zurückweicht und sie als ein luftiges Element mit dem Eindruck der
Athembarkeit umschwebt. Als ein poetisches Element, mit anderen.
Mit jenem gewaltigen Engel des Schlafes zum Beispiel, der das
einzige Doppelfenster des Raumes mit seinen dunklen Fittichen ganz
umfangen hält. Sein ernstes, mildes Antlitz mit dem bleichen, weichen
Hautton schaut von der Höhe der Fenster auf die Schlummernden
nieder, die dunklen Locken zerfliessen nach oben, senden aber auch
einige schwere Strähne am Zwischenpfeiler des Fensters nieder. Dazu
die herrliche kolossale Parenthese, in die das Fenster beiderseits durch
das Flügelpaar des Genius gefasst ist. Und zieht man die weissen,
mit violetten Ringeln gezierten Stores vor, so scheinen sie das leichte
weisse Gewand des Engels zu sein. Und an dem breiten Bette sind
in dem violetten Holze rechts und links veilchenartige Blumen
geschnitzt, die sich hoch auftanken und oben angelangt, schlafmüde
die Häupter neigen, auch auf die Nachtkästchen herab, deren eines
mit dem Bette verwachsen ist. Und am Fussende des Bettes ist
gleichfalls ein Ornament geschnitzt; an jeder Seite zwei grosse
verschlungene Ringe (Eheringel), denen sich wieder Veilchen an-
schmiegen. Kein Zweifel, dieses Schlafgemach ist ein Gedicht, oder
eine Symphonie in Rothviolett. Alles ist auf diesen Ton gestimmt,
auch der Bettvorleger und die Marmorplatte des Waschtisches, zu
dem sich wieder Violenstengel in weichen Curven erheben.
Über zwei Wände fortlaufend streckt sich ein grosser Schrank,
in den auch die betreffende Thüre hineingebaut ist. Er trägt etwas
unter der Mitte ein querlaufendes breites Pflanzenornament, ganz
flach geschnitzt und in entschlummemden Farben gehalten, das
dichte Blättergewinde grün, die ananas- oder tannenzapfenartigen
Phantasiefrüchte violett. Dabei ist jedoch der Schrank constructiv
gedacht; oben geht ein breites, segmentartig geschwungenes Band
zusammenhaltend durch, Rahmenstücke und Füllungen halten sich
die richtige Wage.