Lisieux und so weiter liefern glänzende Beispiele dafür. - Welche riesigen
Fortschritte die Steinkonstruktion indes im Laufe von zwei Jahrhunderten
machte, ist aus der Anlage der „Merveille" ersichtlich. So bildet denn auch
der Chorbau des „Mont" einen starken Kontrast durch seine schlanken,
zierlichen Verhältnisse gegenüber der Schwerfälligkeit der Gliederungen
des romanischen Langhauses
(Abb. 33). - Von plastischem
Schmucke blieb nicht recht
viel erhalten. Die paar Re-
naissance-Reliefs in einer der
nordöstlichen Kapellen, Aus-
treibung von Adam und Eva
aus dem Paradies, dieselben
in der Hölle, sowie eine Reihe
von Apostelliguren, Werke
des XVI. Jahrhunderts, fallen
bei einem Vergleich mit den
mittelalterlichen, im Kreuz-
gange untergebrachten Skulp-
turen stark ab.
Eine im Jahre 1840 von
Bouät gemachte Zeichnung
des Innenraumes der Kirche
zeigt, in welch verkommenem
Zustand das Ganze sich be-
fand. Man begnügte sich etwas
später damit, völlig ausge-
witterte Stellen mit Gips aus-
zufüllen!
Die gotische Form des
Chores bereichert durch die
vielgliederige Silhouette des
Strebensystems das äußere
Bild ganz wesentlich. Am in-
struktivsten wird der Einblick in diese mannigfachen Konstruktionsformen
durch einen Umgang auf der in Dachansatzhöhe befindlichen Galerie
Abb. 37. Crypte de l'Aquilon
moderne Kunst. Fiir die bürgerliche Baukunst des Mittelalters scheint wenig Interesse vorhanden zu sein.
obschon diese sicherlich nicht weniger zur künstlerischen „Gloire" der Nation beigetragen hat als die unge-
zählten bemalten Leinwanden der Neuzeit. In Lillehamrner, einem kleinen norwegischen Städtchen von 300a
Einwohnern sozialdemokratischen Glaubensbekenntnisses, wurden ohne Schwierigkeiten hunderttausend
Kronen für die Schaffung eines äußerst bedeutsamen Freiluftmuseums aufgebracht, in dem alle alten Holzhaus-
typen aufgestellt mit samt allem Hausrat eine umfassende Darstellung der alten Zeiten und ihrer Hauskultur
geben. Bekannt ist Skansen bei Stockholm. Andere solche Museen linden sich in jönköping, in Lund, in Bygdö
bei Kristiania, das unter anderem eine große Holzkirche enthält, in Frognersäteren. endlich in Lyngby bei
Kopenhagen, wo der große „Ostenfelder-Hof", vielleicht das beste Beispiel niedersächsischer Bauweise, Aul-
stellung fand. Sollte eine der reichsten Provinzen Frankreichs - die Normandie - nicht in der Lage sein, für
gleiche Zwecke Mittel aufzubringen?
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