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Volltext: Monatszeitschrift XIII (1910 / Heft 5)

(Abb. 34), von der aus, frei in die Lüfte ragend, die berühmte „Escalier de 
Dentelles" zu dem neuerdings in eine schlanke „Fleche" endigenden Vierungs- 
turrn emporführt. Den Namen hat dieser Zugang von der Wirkung des mit 
reichem Fischblasen-Musterwerk versehenen Geländers. Gegen die Luft 
gesehen, macht die ziemlich derb gehaltene, verschlungene und vielfach 
durchbrochene Steinmetzarbeit par distance in der Tat den Eindruck eines 
Spitzenmusters (Abb. 35). 
Über eine nahe der Kirche ausmündende Treppe steigt man hinab in 
das Mittelstockwerk der „Merveille" und gelangt zunächst in den unter dem 
Kreuzgang und dessen Hof liegenden großen, durch drei Säulenreihen 
gegliederten und wundervoll überwölbten Raum, die dem XIII. Jahrhundert 
angehörende Salle des Chevaliers (Plan 3, AAs; Abb. 36), so genannt seit 
seiner Benutzung durch die Ritterschaft, die in den Zeiten der englischen 
Belagerung hier untergebracht war; ursprünglich diente er nach P. Gouts 
Annahme den Mönchen als Arbeits- und Aufenthaltssaal. Unter allen Bei- 
spielen profaner Innenarchitektur des Mittelalters ist dies wohl eines der 
glänzendsten, sowohl hinsichtlich der Anlage und konstruktiven Behandlung 
als auch der räumlichen Wirkung. Die Unregelmäßigkeit des Grundrisses ist 
kaum auffällig. Die dem Felsenkern zunächst liegende Seite konnte der Unter- 
bauten des darüber liegenden nördlichen Seitenschiffes der Kirche wegen 
nicht voll ausgebildet werden. Sie steht auf Felsengrund, während der übrige 
Teil des Raumes in seiner Pfeilergliederung dem darunter liegenden Keller 
(A A,) entspricht. Das nämliche ist bei dem daranstoßenden, etwas tiefer 
liegenden und daher im Lichten höheren Raume, der Salle des Hötes (A B 3), 
der Fall. Riesige Kamine dienten der Erwärmung dieses überaus schönen 
Gelasses in der kalten Jahreszeit; große LichtöHnungen machen es hell; 
die Höhe der über den reich ornarnentierten Säulenkapitälen sich ent- 
wickelnden Gewölbe läßt die darauf ruhende starke Belastung völlig ver- 
gessen. Wände, Säulen und Rippen zeigen das verwendete Steinmaterial, die 
Zwickel sind geputzt. Bemerkenswert sind, dicht dabei, die sanitären Vor- 
richtungen; entgegen mittelalterlicher Gepfiogenheit" bekunden sie die gleiche 
sorgsame Überlegung wie alles übrige. 
Die daran stoßende, bereits genannte Salle des Hötes ist zweischiffig, in 
der Art der Wölbung und der Säulenbehandlung noch zierlicher als die Salle 
des Chevaliers. Direkt von außen zugänglich und außer Verbindung mit den 
Treppenanlagen," die vom Erdgeschoß der „Merveille" bis zum Klosterhof 
emporführen, stand sie zum mönchischen Leben nur in loser Beziehung. 
Dem Verkehr der Fremden, zu deren Empfang dieser Raum in erster Linie 
diente, wurden die Konventualen ursprünglich möglichst ferngehalten; um- 
gekehrt war den Zugereisten verboten, die Mönchsräume zu betreten. Mit 
' Vorzüglich: Berücksichtigung fanden die gleichen Zwecken dienenden Räumlichkeiten in der Alhambra; 
sie besaßen bereits Wassersplllung! 
"n Die Kommunikation innerhalb der Klostergebäude ist durch eine hinreichend große Zahl von weiteren 
Treppenanlagen, die zum Teil in den lebenden Fels getrieben wurden, bewerkstelligt und völlig planmäßig ent- 
wickelt, auch mit den nötigen Sicherungen gegen eindringende Feinde versehen.
	        
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