öffentliche Sammlungen zur Betheiligung an solchen Ausstellungen zu
bewegen, der wird das Verdienst derjenigen ermessen, welche mit eben 0
viel Ausdauer und Patriotismus als Verständniss die schöne und lehrreiche
Ausstellung im Kees'schen Palais in Graz veranstaltet haben. In keiner
Kronlandshauptstadt ist bisher etwas ähnliches zu Stande gekommen. Da.
aber die Zwecke des Kunst-Industrievereines nicht blos durch eine Aus-
stellung erreicht werden können, und derselbe berufen ist, in die kunst-
gewerblichen Bestrebungen Steiermarks lebendig einzugreifen, so ist es
begreiflich, dass bei der eben erwähnten Generalversammlnng alles das
zur Sprache kam, was zur Beförderung der Zwecke des Kunst-Industrie-
vereines, nach Massgabe der steierischen Zustände, als wünschenswerth
erscheint. In den Grazer Verhältnissen speciel], ist manches so irrationell
und mit den wahren Landesinteressen nicht ganz vereinbar, dass es drin-
gend erscheint, mit Reformideen an denselben heranzutrcten.
Zweierlei Dinge sind es vorzugsweise, welche dem unbefangenen
Betrachter der steierischen Zustände anfallen, die Zersplitterung im
Vereinslebcn und die Mangelhaftigkeit des Unterrichtes für
Kunst und Gewerbe.
Die Zersplitterung im Vereinsleben ist ein altes Uebel in
Steiermark. Diese ist um so bedauerlicher, als diese Vielgestaltigkeit der
Vereine die Zersplitterung der materiellen und geistigen Kräfte zur Folge
hat. Ein altes Sprichwort sagt: „In der Einigkeit liegt Kraü, in der Un-
einigkeit ein Hauptgrund der Schwäche." Steiermark hat alle Ursache,
seine geistigen und materiellen Kräfte zu concentriren und zugleich zu
schonen. Eine Organisation der Vereine, in welcher die vorhandenen Kraüe
nicht zu einer gedeihlichen Wirkung kommen können, beruht auf einer
falschen Grundlage. In Graz sind gegenwärtig drei Vereine, die ähnliche
Zwecke verfolgen, der Gewerbeverein, der Kunst-Industrieverein und der
Kunstverein. Jeder von diesen Vereinen verfolgt sehr löbliche Zwecke
und keiner dieser Vereine erreicht seinen Zweck vollständig, und vorzugs-
weise deswegen wird der Zweck nicht vollständig erreicht, weil die Krähe
in denselben sich zersplittern und weil dann, wenn es sich darum handelt,
gemeinsame Zwecke zu verfolgen, der Boden für eine gemeinsame Ver-
ständigung nicht vorhanden ist.
Wir begrüssen die Nachricht daher mit wahrem Vergnügen, die
uns von bewvährter Seite znkam, dass gegenwärtig ernstlich Verhand-
lungen gepüogen werden, vorerst den Gewerbe- und Knnst-Industrieverein
in einen grösseren Verein zu verschmelzen. So hoch wir aber auch eine
Reform des Vereinslebens in Graz anschlagen, von noch viel grösserer
Bedeutung scheint uns die Reform des gewerblichen und Kunstunten-ichtes;
diese berührt ein wahres Lebensinteresse iiir ganz Steiermark.
Bei der Frage der Reform des gewerblichen und Kunst-
unterrichtes haben wir vorläufig nur zwei Schulen im Auge, die Ge-