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Es sind heute so manche öffentliche Bauten von grossartiger, von monumentaler
Bedeutung im Gange, die über kurz nder lang zu ihrer Ausstattung vieler vorragender
kunstindustrieller Arbeiten bedürfen werden, der Vertäfelungen und Mabilien, der Lustres
und Candelaber, der Gitter und Thßren und was dieser Dinge mehr sind. Die Archi-
tekten sind vollkommen in der Lage, sofern die Bestellung rechtzeitig geschieht, wenig-
stens einen Theil dieser Gegenstände noch in Ausführung bringen zu lassen. Da die
Entscheidung bei den Bauherren, bei den Behörden, Gemeinden und Corporationen liegt,
so ergeht auch an diese die eindringlichste Bitte, so bald wie nur möglich e denn die
Zeit drängt in höchstem Grade - Zustimmung und Auftrag geben zu wollen.
Wenn alle diese Factnren, die an der Pariser Ausstellung mit persönlichem und
mit patriotischem Interesse betheiligt sind, nur das thun, was ohnehin einmal geschehen
wird und muss, wenn sie dem guten Willen die schnelle und richtige That folgen lassen,
so brauchen wir um den Ausgang nicht Sorge zu tragen. Es wird Allen zugleich geholfen,
dem Industriellen, dem die Opfer erspart werden, dem leidenden Arbeiter, dem Beschäf-
tigung zu Theil wird, und endlich wird Oesterreich auf der Pariser Ausstellung mit einer
genügenden Anzahl schöner und guter Gegenstände vertreten sein, die, aus gleichem
Geiste geschalfen, Ehre und Erfolg für unsere Bestrebungen sichern werden.
Wir dürfen daher unsererseits mit Zuversicht erwarten, nach keiner Seite hin eine
Fehlbitte zu thun.
Für das Actionscomite
der Präsident
Edmund Graf Zichy m. p.
Dio Tiroler Glasmalerei und Kathedralglashütte I876.
Fast mit Jahreswende hat diesmal das Geschäftsjahr der Tiroler
Glasmalerei seinen Abschluss gefunden, während sonst der Eintritt des
Winters mit Frösten, welche die Einsetzung den Fenster unmöglich
machen, eine natürliche Grenze der grossen Arbeitsperiode bildet.
Diese, an Fülle des Schaffens noch reicher als die des Vorjahres,
trat in Folge der dem religiösen Kunstgebiete immer ungünstiger sich an-
lassenden Zeitverhältnisse an materiellem Erfolge weit hinter jenes zurück;
ja das erste Semester brachte Erscheinungen zu Tage, welche für die Zu-
kunft der Glasmalerei höchst besorgnisserregend zu werden drohten.
Reiche Stifte und Kirchenfürsten, welche früher mit zu den besten Be-
stellern gezählt und gediegene reiche Ausführung verlangt hatten, zogen
entweder unter Berufung auf ihre hohen Steuerlasten schon ertheilte Auf-
träge zurück, oder reducirten doch die Preise so sehr, dass die Anstalt
froh sein musste, die Arbeiten ohne Schaden liefern zu können.
Die gleichzeitige Arbeitslosigkeit deutscher Collegen verschärfte die
schon bestehende Concurrenz, bis ein hohes Disagio deren Einfluss um
ein Bedeutendes verringerte, und das wesentlich verbesserte Fabrikat
der Kathedralglashütte wieder einen Hatten Absatz nach dem Auslande
erwarb. Wenn nun auch die Aufträge der Glasmaler nicht auf gleicher
Höhe wie in den Vorjahren blieben, so konnte doch die Hütte mit dem
neuen Ofen zu vier Häfen eben so lange arbeiten als früher mit zwei,
und mit Jahresende zeigte das Lager so empfindliche Lücken, dass eine
neue Campagne beginnen musste. Damit tritt denn die Glashütte allmälig
in den Zustand materieller Unabhängigkeit von der Mutteranstalt, der
Glasmalerei, was unter oben erwähnten äusseren Verhältnissen nur wün-