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129. Desgleichen. Der rothe Wollgrund ist herausgemodert und lässt die
um die blossliegenden Kettfäden geschlungenen De ssins als Transpa-
rentmuster erscheinen.
x30. Das sehr interessante Fragment einer in einem Stücke gewebten
Tunica aus feinem Scharb-Linnen. Der Gewandüberrest ist in Uni-
Streifen dessinirt und hat rothe, mit stilisirten weissen Pflanzen-
ornamenten gemusterte Gobelinspangen (s. Nr. 124.), die mit der
Textur combinirt sind und daherplane erscheinen (s. Nr. x19). Gleiche
Gobelinborten dienen als Aermelbesatz, während das Aermelends ä"
clerHandwurzelbenäht ist mit einer schmalen, blauen, weiss dessinirten
Gobelinborte, Der Stolfist in der Magengegend verdichtet (s. Nr. 149).
Mit dieser Tunica liegt uns das erste Beweisstück der besonderen Art
einer im Alterthuin allgemein geübten Kurisrweberei vor, nämlich eine der borühmlfß
diäfmgaor oder timinie iiicbnsufilrs (ungenähten Tuniken) oder Tuniken, weiche
aus einem Stück gewoben wurden. Es gabfnamlich zweierlei Arten. Man wehte
entweder, wie es das vorliegende Exemplar zeigt, den Vorder- und Hintertheil
sammt den Aermelstücken als viereckiges Gewand in einem Stücke und heftete
oder ßocht (knüpfte) -- wie es andere Exemplare unseres Funden in vollkommener
Erhaltung erkennen lassen - dasselbe an denjenigen Stellen, wo gewöhnlich die
Naht sich befand, mit besonderen, von den Geweben-ändern auslaufenden gedrehten
Schlingen zusammen - oder, man webte das Kleidungsstück im Doppelgewebß
als sogenannte runde geschlossene Tunica (tunica rotunda) am Webstuhl voll-
ständig fertig. ln beiden Fallen, wo man also statt des Zuachneidens und der Naht
sich entweder des Knüpfens oder des Zusammenwebens bediente, ward das Gewand
durch gewisse, hier nicht naher zu beschreibende, ccmplicirte technische Vorkeh-
rungen am Webstuhl erzeugt. Diese Kunst hat sich, wenigstens was den Orient und
speciell Aeg ypten betrilft, bis in das Mittelalter hinein erhalten; denn, wenn esauch
schon zu Here's Zeit in Rom auftiel und zu den Absonderlichkeiten gerechnet wurde,
da der Philosoph S en eca stets Gewänder ohne Naht trug, so spricht dieser Umstand
eben blos für das Ueberhandnehmen der aus mehreren Stücken zusammengenahten,
billiger kommenden Kleider in der römischen Mode damaliger Zeit; keinesfalls
darf aber daraus auf das völlige Verschwinden dieser Kunstübung geschlossen
werden, wie dies manche Gelehrte thaten. In Aegypten ward diese Kunst, wie
gesagt, noch lange fortgeßbt, und wieder war es die am Menzalehsee blühende
Manufacturstatte Tin ni s, die Stadt der Weber par excellence, welche selbst noch
in der Chalifenzeit ihren Ruhm, Gewänder ohne Naht zu erzeugen, über den
ganzen Orient verbreitete. Es wurden daselbst derlei Bekleidungsstücke in allen
Qualitäten hergestellt und ich erwähne nur, dass man als die kostbarsten für den
Chalifen Tuniken (arab. bddane) anfertigte, welche an nothwendigstem Fadenge-
spinnst zu Kette und Einschlag nur ein Gewicht von je zwei Unzen (54'5 Gramm
:-. 317 Loth) aufbrauchten, während die eigentliche Textur in Gold (vergoldete
Membranlamellen) hergestellt wurde und die ausserst kunstvolle Arbeit dennoch
durchaus solid war. Solch' eine Tunica incansutilis, für welche man also weder
des Zuachneidens, noch der Naharbeit bedurfte (ld tnfßfl wa la' cllijtite) kam auf
xooo Dinar (circa 13.000 Francs) zu stehen!
131. Feiner uni-gestreifter Leinenstoff rnit rothern schmalen Band, das
mit zartem Ornament (nlaufender Hunde) eingefasst ist.
x32. Bruchstück eines befransten länglichen Tuches (mindfl). Zwischen
den Endstreifen, welche dicht uni-gewoben sind, eine dreifache Reihe