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Gypsabgüssen herausgestellt. Das Museum besitzt deren jetzt bereits
über rooo Stück; der große achte Saal des Erdgeschosses und die beiden
Hallengänge des Säulenhofes sind damit angefüllt. Diese Sammlung
hat den Zweck, den verschiedenen Fächern der Kunst und Kunstindustrie,
welche in den Unterrichtskreis der Kunstgewerbeschule fallen, als Lehr-
mittelsammlung zu dienen. Insbesondere hat sie für die Bedürfnisse der
Bildhauerschule, der Ciseleur- und I-Iolzschnitzerschulen, dann aber auch
für die Erfordernisse des Unterrichtes in der Stillehre und Kunstgeschichte
zu sorgen. Sie umfasst eine nach Hunderten zählende, systematisch
geordnete Zusammenstellung von Abgüssen mustergiltiger Werke der
plastischen und decorativen Kleinkünste, vom classischen Alterthum
bis zur modernen Zeit. Außerdem ist aber auch die große Plastik in der
Sammlung schön vertreten, besonders durch Bildwerke der Hauptmeister
des Cinquecento.
Beide Sammlungen - mit denen, beiläufig bemerkt, auch Formen-
depöts und Gypsgießereien in Verbindung stehen - haben somit einen
ausgesprochen didaktischen Charakter. Ihre Aufgaben werden ganz
vorzugsweise durch die Lehrzwecke der Kunstschulen bestimmt, mit
welchen sie in organischem und räumlichem Zusarnmenhange stehen. Die
Schönheit der Räume, welche unsere Meister der Architektur für sie
geschaiTen haben, verleiht den Sammlungen allerdings das würdige Aus-
sehen von Museen. Ihrer öffentlichen Benutzung wird keinerlei Hinderniss
in den Weg gestellt. Nichtsdestoweniger muss ihr Wirkungskreis, wie
ihre räumliche Ausdehnung, bestimmt umgrenzt bleiben. rSo verlangt
es das Grundprinzip der Schule, welcher sie in erster Linie zu dienen
haben.
Das Wesen eines Museums von umfassender Bedeutung
drängt nun aber mit unwiderstehlicher Gewalt über diese Schranke weit
hinaus. Es soll weder, wie das Kunstcabinet der alten Zeit, ein bloßer
Vergnügungsort für vornehme Liebhaber, noch nach den Schulbegriffen
der Gegenwart nur ein erweiterter Lehrapparat, sondern es soll eine
allgemeine Bildungsanstalt in des Wortes höchster Bedeutung
sein. Die gesammren künstlerischen Interessen des Publicums, die An-
forderungen der Kunstfreunde und der Künstler, der Kunstforscher wie
der Kunstbandwerker sollen darin ihre gleichmäßige Berücksichtigung und
Befriedigung finden. Ein plastisches Museum von dieser umfassenden
Anlage würde keiner der bestehenden Sammlungen Concurrenz machen,
sondern sie vielmehr ergänzen; ein solches Museum würde sich zu den
Specialsammlungen mit besonderen Aufgaben ähnlich zu verhalten haben,
wie die großen Hof- und Staatsbibliotheken zu den Büchersammlungen
einzelner Unterrichtsanstalten oder wissenschaftlichen Institute. Und wie
eine derartige große allgemeine, ötfentliche Bibliothek sich selbst Zweck
und weder im Princip noch räumlich an irgend eine andere Anstalt
gebunden ist, so haben wir uns das große, neu zu gründende Museum