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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XX (1885 / 240)

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Gypsabgüssen herausgestellt. Das Museum besitzt deren jetzt bereits 
über rooo Stück; der große achte Saal des Erdgeschosses und die beiden 
Hallengänge des Säulenhofes sind damit angefüllt. Diese Sammlung 
hat den Zweck, den verschiedenen Fächern der Kunst und Kunstindustrie, 
welche in den Unterrichtskreis der Kunstgewerbeschule fallen, als Lehr- 
mittelsammlung zu dienen. Insbesondere hat sie für die Bedürfnisse der 
Bildhauerschule, der Ciseleur- und I-Iolzschnitzerschulen, dann aber auch 
für die Erfordernisse des Unterrichtes in der Stillehre und Kunstgeschichte 
zu sorgen. Sie umfasst eine nach Hunderten zählende, systematisch 
geordnete Zusammenstellung von Abgüssen mustergiltiger Werke der 
plastischen und decorativen Kleinkünste, vom classischen Alterthum 
bis zur modernen Zeit. Außerdem ist aber auch die große Plastik in der 
Sammlung schön vertreten, besonders durch Bildwerke der Hauptmeister 
des Cinquecento. 
Beide Sammlungen - mit denen, beiläufig bemerkt, auch Formen- 
depöts und Gypsgießereien in Verbindung stehen - haben somit einen 
ausgesprochen didaktischen Charakter. Ihre Aufgaben werden ganz 
vorzugsweise durch die Lehrzwecke der Kunstschulen bestimmt, mit 
welchen sie in organischem und räumlichem Zusarnmenhange stehen. Die 
Schönheit der Räume, welche unsere Meister der Architektur für sie 
geschaiTen haben, verleiht den Sammlungen allerdings das würdige Aus- 
sehen von Museen. Ihrer öffentlichen Benutzung wird keinerlei Hinderniss 
in den Weg gestellt. Nichtsdestoweniger muss ihr Wirkungskreis, wie 
ihre räumliche Ausdehnung, bestimmt umgrenzt bleiben. rSo verlangt 
es das Grundprinzip der Schule, welcher sie in erster Linie zu dienen 
haben. 
Das Wesen eines Museums von umfassender Bedeutung 
drängt nun aber mit unwiderstehlicher Gewalt über diese Schranke weit 
hinaus. Es soll weder, wie das Kunstcabinet der alten Zeit, ein bloßer 
Vergnügungsort für vornehme Liebhaber, noch nach den Schulbegriffen 
der Gegenwart nur ein erweiterter Lehrapparat, sondern es soll eine 
allgemeine Bildungsanstalt in des Wortes höchster Bedeutung 
sein. Die gesammren künstlerischen Interessen des Publicums, die An- 
forderungen der Kunstfreunde und der Künstler, der Kunstforscher wie 
der Kunstbandwerker sollen darin ihre gleichmäßige Berücksichtigung und 
Befriedigung finden. Ein plastisches Museum von dieser umfassenden 
Anlage würde keiner der bestehenden Sammlungen Concurrenz machen, 
sondern sie vielmehr ergänzen; ein solches Museum würde sich zu den 
Specialsammlungen mit besonderen Aufgaben ähnlich zu verhalten haben, 
wie die großen Hof- und Staatsbibliotheken zu den Büchersammlungen 
einzelner Unterrichtsanstalten oder wissenschaftlichen Institute. Und wie 
eine derartige große allgemeine, ötfentliche Bibliothek sich selbst Zweck 
und weder im Princip noch räumlich an irgend eine andere Anstalt 
gebunden ist, so haben wir uns das große, neu zu gründende Museum
	        
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