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Volltext: Alte und Moderne Kunst VI (1961 / Heft 53)

bunden werden, allein der jagdfalke 
scheint würdig den Miichtigsten die- 
ser Erde - so wie Kaiser Fried- 
rich II. - auf der Jagd zu beglei- 
ten. Stößt auch er auf die Seelen 
nieder? Ich glaube. hier bieten sich 
ältere Vorstellungen an. Der Falke 
ist der Vogel. der dem Licht zu- 
strebt und so schon den Alten als 
Symbol der Sonne geläufig und 
allein würdig war, mit Göttlichem 
verbunden zu werden." 
Wir haben vom Religionsgeschicht- 
liehen her auf den Falken des Ho- 
rusknaben. des göttlichen Kindes 
der Ägypter, des Kindes von lsis 
und Osiris und dessen großen Rä- 
cher, hinzuweisen. Wir sehen ihn 
schon um 2800 vor Christus. wie er 
über dem machtvollen llerrscher 
Pharao Chefren schützend und seg- 
nend seine Flügel breitet." Dienen 
seine Sonnenkräftc dem Leben. so 
bedeutet der Habicht in den ägyp- 
tischen Hieroglyphen die Seele (des 
Toten).29 Dazu kommt die Reihe 
der ägyptischen Götter. die man 
sich geflügelt vorstelltß" und noch 
anderer Vögel, wie der Schopfibis. 
die man vor allem mit der "Seele" 
des Toten verbindet. Auch die Vor- 
stellung vom Vogel Phönix ließe 
sich hier anreihen, sie identifizier- 
ten ihn gleichfalls mit dem Seelen- 
vogel. 
Der Vogel ist also ohne Zweifel ein 
jahrtausende altes Mythosbild für 
die Seele. Er taucht als paarigcr 
Pfau in der frühchristlichen Kunst 
wieder auf. es begleitet der Falke 
den Himmelskönig in seiner Herr- 
lichkeit, er ist in der mittelalter- 
lichen Mystik etwa um 1300 die 
Seele (in Gestalt einer Taube). die 
durch den Opfertod zu erlösen ist. 
Weiter wird der Sticglitz als 
Vertreter jesu ins Bild genommen 
und endlich gilt das Vogelnest als 
Hort des Friedens. weil das Bild der 
menschlichen Seele. die zu Jesus 
findet. nicht mehr verstanden wird. 
Der fliegende Vogel unserer Krip- 
pen ist als ein weiterer llinweis auf 
das Passionsthema in der Weih- 
nachtszeit. so wie die Bliekversen- 
kung von der Mutter und dem Kind 
mit dem Vogel. anzuziehen. da er 
ein Symbol für die "lintsündung" 
(3.M0sesl4, 49-52) bedeutet. Un- 
sere Untersuchung zeigt, daß die 
Mutter mit dem Kind. das ein Vög- 
lein hält. aus den Apokryphen nur 
schwer genügend erklärt scheint. 
daß sie vielmehr als neuerliche Um- 
deutung des Vogelthemas aus dem 
Geiste der Mystik. die sich bereits 
in Otfrids Evangelienharmonie zu 
entwickeln begann, anzusprechen 
ist. 
Literaturangaben: 
1 J. Baum: Die Malerei und Plastik des 
Mittelalters, 11. Bd. Potsdam 1930. S. 109. 
3 Derselbe: a, 0.. S. 181; dazu H. Auren- 
hammer (s. Anmerkung 7). 
3 Maria des Hohenfurter Meisters. Prag. 
NaL-GaL. oder Stillende Madonna aus 
Mariazeil im Germ. Nationaimuseum um 
1390, Siegmundskap. 
' Michelin: Auvergne. S. 131. Riorn: Virge 
a i'Oiseau Ab.. S. 108. 
5 A. Kirchgassner: Die mächtigen Zeichen. 
Freiburg 1959. S. 513. 
" Siehe auch: Regensburger Dorn. West- 
lassade: Vorläuferin die Piatytera mit dem 
Christusmedaillon vor der Brust. 
7 H. Aurenhammer: Maria, Die Darstellung 
der Madonna in der bildenden Kunst. Wien 
1954. S. 13. 
" Eeaiiexikon deutscher Kunstgeschichte. 
E1111. Stuttgart 1954. Christkind. S. 591. 
Abb. 1-2. Das Figürchen ist 28 cm hoch. 
5' Wiih. Michaeiis: Die apokryphen Schrif- 
ten zum Neuen Testament. Bremen 1955. 
S. 99: "Die Speriinge aus Lehm" 2. l_5, 
i" Artur Weese: Skulptur und Malerei in 
Frankreich im 15. und 16. Jahrhundert. 
Potsdam 1927. S. 75. engl. Malerei, Arundei- 
psalter. am. 1m. 
11 Die Vorkommen dieser Gruppe sind 
nicht so selten. wie die kunsthistorische 
Beschäftigung mit ihnen. 
19 Franz Kieslinger: Glasmalerei in Öster- 
reich. Wien 1947. Abb. 8 und 26. 
ß K. v. Garzarolli: Mittelalterliche Plastik 
in Steiermark. Graz 1941. Blld 17,15. TeX! 
S. 25 geht auf Vogel nicht ein. 
14 Franz Kieslinger: österreichische (rüh- 
gotlsche Madonnenstatuen in Jahrbuch der 
Österreich. Leogesellschalt. Wien 1932. 
S. 180 ff. 
15 O. Kastner: Eisenkunst lm Lande ob 
der Enns. Linz 1954, Abb. 32. Bild Z9, Vogel- 
leuchten S. 99, 
"F M. Kislinger und O. Kaslner: Alle 
Bauernherrlichkeit, Linz 1957. 
17 S. 90, Abb. M, Abb. 63. Abb. 35, Z9. 
13 Siehe 1D. 
19 Erich v. d. Berrken: Malerei der Re- 
naissance in Italien. W.-Potsdam 1927. S. 74. 
Abb. '15 (Sammlung Herz, Rom). 
z" Hugo Rahner: Krippe und Kreuz. 
31 Klemenline Lipftert: Symbolfibel. Kas- 
sel 1955. 
29 Karl Oettinger: Das Wienerlsche in der 
bildenden Kunst. Salzburg 1948. Bild E: Der 
Stieglitz über dem Brünndl. 
33 bis 25 Otto Pächt: Österreichische Tafel- 
malerei der Gütik. Wien 1929. Abb. 35. 58, 
'75 und 27. 
2B Finkensteiner Liederblätter, Im Silber- 
piingstlicht klirrt der Tag. 
27 K. Lipffert: Symbolfibel. Kassel 1955. 
S. Z6 ff. 
23 Hedwig Fechhelmer: Die Plastik der 
Ägypter. ßerun 1923. s. 24. 
29 Otio I-lelk: Kleines Wörterbuch der 
Ägyptologie. Wiesbaden 195a. s. 104. 
S" Derselbe: 5.210 u. a.
	        
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