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Volltext: Alte und Moderne Kunst X (1965 / Heft 80)

diesem Landesteil werden in der Ausstellung 
in bedeutenden Denkmälern zur Anschauung 
gebracht werden. Wenn dennoch die Malerei 
beiseite blieb, so ist dies einerseits aus den 
örtlichen Gebundenheiten, anderseits aus 
Gründen der entwicklungsgeschichtlichen Be- 
deutung zu verstehen. Gerade deshalb, weil 
hier mit dem Altar von Kefermarkt ein Haupt- 
stück von besonderer Bedeutung gesetzt ist, 
mußte darauf verzichtet werden, die Leistungen 
der zu seiner Nachfolge gehörigen Malerei zu 
analysieren und vorzuführenlq. 
2. Zur Danaurrhule im mittleren Oherärlzrreirl) 
Im Zentralraum Oberösterreichs bieten sich 
die Städte Steyr, Enns, Wels und Linz schon 
im Zeitalter der (iotik als Zentren kunsthand- 
werklicher Tätigkeit an. Aus dem gleichen 
Gebiet besitzen wir eine künstlerische Hinter- 
lassenschaft von besonderem Reiz, ohne diese 
jedoch in befriedigender Weise aufgliedern zu 
können. 
Die Anfänge des Donaustiles in Oberösterreich 
scheinen unter Passauer EinHuß gestanden zu 
haben. Kennzeichnendstes Kunstwerk ist hier 
das kleine Altärchen aus Allhaming, dem 
heiligen Wendelin gewidmet, von dem schon 
die Rede war. Auf einem der Flügel finden wir 
eine benediktinische Mönchsgemeinde dar- 
gestellt, die wir mit dem damaligen Konvent 
von Kremsmünster in mehr oder minder enge 
Beziehung stellen können. Stilistisch knüpft 
der Meister, der etwa im gleichen Umkreis 
beheimatet gewesen sein könnte, stark an die 
Passauer Kunst des jüngeren Frueauf an, auch 
wenn die Farben etwas stumpfer geworden 
sind. Die glatte Landschaft, die plastisch 
gestalteten Köpfe und die teilweise recht 
röhrenartig fallenden Falten der Gewänder 
finden in der Gruppe ihre Fortsetzung, deren 
Lokalisierung nach Steyr wir versucht haben 20. 
Zur Erfüllung der Anforderungen des Donau- 
stiles fehlt noch die Wlärme und die Expressi- 
vität der Darstellung, die aufgerissenen Augen 
lassen die künftigen Eigenheiten Wolf Hubers 
ahnen. 
Wlenn hier von dem jüngeren Frueauf die 
Rede ist, so soll die Meinung Stanges ange- 
führt werden, der in der bisher Erhart Alt- 
dorfer zugeschriebenen Tafel der Schleier- 
findung in Klosterneuburg nunmehr ein Werk 
Frueaufs sieht 11. Tatsache ist, daß man bisher 
die lange Lebenszeit dieses Meisters kannte, 
ohne für das fortschreitende 16. Jahrhundert 
jedoch Werke namhaft machen zu können. 
Wenn man dieser Zuschreibung Stanges folgt, 
so drängt sich als Konsequenz eine Frage auf, 
die auch die oberösterreichische Entwicklung 
betrifft. Es ist die Frage, ob nicht die Tafeln 
des Lambacher johannesaltares, von denen 
eine nach Amerika gegangen ist, während die 
beiden anderen aus Regensburg für die Aus- 
stellung vorgesehen sind, und die in Analogie 
für Erhard Altdorfer zugeschrieben waren, 
nicht auch dem Passauer Meister ihre Ent- 
stehung verdanken könnten. Den Hauptgrund 
für die Zuschreibung an Erhard Altdorfer 
haben bisher ikonographische Überlegungen 
gebildet 22, doch scheinen uns diese deshalb 
nicht zwingend, weil die ikonographisch ver- 
gleichbare Gruppe weit über Erhard Altdorfer 
hinausreicht. Es muß die Frage der Priorität 
des Vorwurfs nach dem jetzt bekannten 
Material nochmals überprüft werden. Chrono- 
logisch hat die Einreihung als Erhards Werk 
immer Schwierigkeiten bereitet, dessen Auf- 
enthalt in Österreich ja nur nach diesem Werk 
und der Klosterneuburger Tafel erschlossen 
wurde. Dagegen könnte nichts näher liegen, 
als eine Arbeit des Passauer Meisters in 
Lambach, von wo zu allen Zeiten enge Ver- 
bindungen zu Passau bestanden haben. Nimmt 
man sich die beiden Regensburger Tafeln unter 
dieser Fragestellung vor, so wird man fraglos 
eine Reihe von Typen Enden, die durchaus 
dem Bildvorrat Frueaufs entsprechen. Kolo- 
ristisch gilt das gleiche wie für die Kloster- 
neuburger Tafel. Sofern man den gleich- 
mäßigen grünen Baumschlag und eine gewisse 
„klassizistische" Wendung Frueaufs für das 
16. Jahrhundert anerkennen will, ist man 
weiter versucht, eine große, aus Regau 
stammende Tafel von 1506 mit den Heiligen 
Wolfgang, Petrus und Stephanus23 mit dem 
gleichen Kreis in Verbindung zu bringen, 
deren Baurnschlag wiederum mit dem All- 
haminger Altar verwandt ist. Entwicklungs- 
geschichtlich wäre dann vor allem der Hin- 
weis interessant, daß auch für Frueauf und 
seine Werkstatt, wie für Cranach und Breu, 
verhältnismäßig früh die Rückkehr zur Mäßi- 
gung, die Abkehr von der Expressivität an- 
zunehmen wäre. Es darf freilich vermerkt 
werden, daß F. Winzinger in seinen Aus- 
führungen im Ausstellungskatalog für Sankt 
Florian dem Vorschlag Stanges nicht bei- 
getreten ist. 
Räumlich gesehen liegt in nächster Nähe von 
Lambach der Pfarrhof von Gunskirchen, in 
dem zwei Flügel aufbewahrt werden, zweifel- 
los Überreste eines Altares der Pfarrkirche, 
wie sie sich in etlichen weiblichen Heiligen 
der neugotischen Altäre auch in plastischer 
Form finden. Zusammen mit einigen Plastiken 
der Friedhofskirche in Lambach, wo ja auch 
der Johannesaltar zuletzt aufbewahrt wurde, 
fallen sie durch recht geringe Qualität auf, so 
daß lokal gebundene Entstehung wohl ge- 
sichert ist. 
Die gemalten weiblichen Heiligen von Guns- 
kirchen weisen dagegen auf einen weiten 
Horizont, Stange hat sie dem ()euvre eines 
Meisters eingereiht, dem er den Namen des 
„italienisch geschulten Meisters" gegeben 
hat 24. Wir folgen dieser Zuschreibung um so 
lieber, als uns unsere erste Zuweisung als 
eine unbefriedigende Notlösung immer be- 
wußt blieb25. Vom gleichen Meister sind in 
St. Florian vier höchst qualitätvolle Tafeln 
erhalten (Stange, S. 152, Nr. 4), die j. Schmidt 
soeben in das Werk des Wolf Huber eingereiht 
hat26. Dazu besitzt das Oö. Landesmuseum 
einige weitere Beispiele, andere sind in inter- 
nationalem Kunstbesitz. Wir folgen hierin 
durchaus den Ausführungen Stanges, die nur 
in einem Punkte zu ergänzen sind. Es ist dies 
die Hervorhebung der Rückseiten der beiden 
Gunskirchner Tafeln, von denen die eine 
ganz zerstört ist, die andere aber mit dem 
heiligen Erasmus immerhin die Malweise er- 
kennen läßt. Es handelt sich um eine recht 
durchschnittliche und im Vergleich mit den 
späteren Werken des „italienisch geschulten 
Meisters" sehr lokale Arbeit, also eine Parallele 
zu dem, was wir von den vermutlich gleich- 
zeitigen Plastiken feststellen mußten. Der 
Donauschulmaler, schon allein aus der alters- 
mäßigen Folge als der untergeordnete zu er- 
kennen, er ist übrigens im Hintergrund der 
beiden Tafeln völlig neutral verblieben, tritt 
hier in der Gefolgschaft eines spätgotisch 
bestimmten, ganz im Handwerklichen ver- 
bliebenen Meister auf, ein Vorgang, wie wir 
ihn in der Donauschule recht häufig beob- 
achten können. Wir werden diesen älteren 
Meister sicher in der näheren Umgebung 
suchen müssen, vielleicht ist es der „alte Hans 
Maler" gewesen, von dem uns eine Welser 
Quelle aus 1514 zum letztenmal berichtet27. 
Wo der andere, jüngere, nach Stange in Italien 
geschulte, später verblieben ist, wissen wir 
nicht, da uns die Provenienz der erhaltenen 
Bilder jede Aussage verweigern. Der Florianer 
Pfarrbereich reicht von Vöcklabruck bis Enns 
und weithin ins Mühlviertel, wir würden ihn 
für einige Zeit im oberösterreichischen Bereich 
südlich der Donau ansässig vermuten. 
Über zwei andere, in nächster Nähe von Wels 
entstandene und erhaltene gleichzeitige Flügel- 
alräre haben wir an anderer Stelle gehandelt 23. 
Das Bild, das sich demnach bietet, ist sehr 
abwechslungsreich. Alles in allem genommen 
glauben wir sagen zu können, daß sich in dem 
reichen und bisher ziemlich unübersichtlichen 
Material gewisse Ordnungsmöglichkeiten ab- 
zuzeichnen beginnen. Ihre Überprüfung und 
Vertiefung erhoffen wir von der Ausstellung 
in St. Florian. 
ANMERKUNGEN 1-23 
1 Albrecht Altdorfcr und die Donansthule in Oberösterreich, 
Ausstellung im 0a. Landcsmusacum, Linz 1941. Katalog von 
K. Hoher. 
1 E. Hainisch. Denkmal: der Kunst im polit. Brzirk Efrrrding, 
Linz was, s. 46. 
1 Ausstellung Linz 1947. Nr.6. 
4 Zeitschrift an Kuustwisscuschafl n. Bcrlin 194a, 5.195. 
S Katalog: Albrecht Alrdorfer und sein Kreis. München ms. 
S. 136, Nr. 633. 
ß o. Bcncsch und E. M. Aucr. Die nimm Fridnici cx Mm- 
miliani. Berlin 1957, . 107: in deutschem Privalbmill. 
Andcrscils besitzen wir Nzdzxichlm. daß zwischcn 1490 
und 1495 in St. Magdalena bei Linz durch Sebastian Rrin- 
lhalcr Altäre aufgcslcll! bzw. renoviert wurden (Oö. Hcimal- 
blätter. 4. Jg. s. 51). Miz den m" erwähnten können kaum 
Bciichxlngeu bestehen. 
28 
7 I. Schmidt, Die Dunauschul: in Linz (Kunsljahrbuch der 
Stadt Linz, 1964), S. 105. Abb. 86. 
8 Stange hat ihn hingegen (s. 1521.) als nicht zugehörig aus- 
geschieden. 
9 Benesch. in: Bcncsch-Außr. l. n, S. 1U7. 
v1 Vgl. Anm. 7. 
m Christlirh: Kunstblätrcr. 1955. S. 56T. 
11 H. Lill, Haus Leinbergcr. 1942. S. 278. 
11 Tausend ]2hre Christliche Kunst in Oberösterreich. Aus- 
stellungskaralog. N1. 14, s. 5a. 
13 Ausstcllung Linz 1947, S. 37, Nr. 53. Vgl. dazu E. Köllcr, in: 
Alt: und moderne Kunst, 77. H., 1964, S. 541 Muttergotlcs 
mir Kind. 
n E. Sauser. Der Hallsllttcr Marimallar von Mcistrr Asll. 
Hallsuu 1956. 
15 Sauscr, Abb. 45. 
16 S. Kran-Florian, Eine östL-rrcirhische Kxcuzigungstafel vorn 
Anfang a. 16. 11.. (Min. Ostern Galerie, 1964. 8.1:. s. 1). 
73:3 
zu 
n 
z: 
z: 
u 
z: 
zu 
11 
zu 
Stange, s. 13:1. 
Sauscr, Abb. 43, 44. I 
Vgl. die ldenriüzierungsvexsuchc von A. Futhsl : (lstbiilisthc 
Grenzmarkcn, Jg- 5, 5.37411". und Jg. 6, S. 150 . 
Der Monogrammist A. A. und der Meister der Krems- 
miinsrcrcr Katluxinculcgcndc (Oberösterreich, 1965, 1.11.), 
im Druck. 
Stan c. S. 64. 
O. enesch, Erhard Altdorfer als Maler (jahrburh d. Prcuß. 
Kunstsammlungen. 57. B11. licrlin 1936). 
Amslcllunf: Linz 1947, Nr. 3. 
Stange, s. 122 und 152. 
Ausstellung Linz 1947. Nr. 17. 
Vgl. Anm. 7, S. 112. 
Christl. Kunsrblätter 1955. S. 56. 
Zwei Flügclaltirc der Zcil der Donauschulc in Stllltißhtim 
bei Wcls (jahrbuch des Muscnlvcrcincs Wcls, 11. ]g., 1965), 
 
 
_ im Druck.
	        
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