DER GENREMALER
NORBERT GRUND
Zur Fesfwochenuusslellung der Österreichischen
Galerie im Belvedere
Ncrbar! Grund, Rarmschc Rmne. Prag, Naäionnk
guYcrwc
Norberl Grund. Lündlrzhe Hochzewi. Wien, Hwsäorisches
Museum der Sind! Vväen
Die repräsentative, gemeinsam mit der National-
galerie in Prag veranstaltete Festwochenausstellung
der Österreichischen Galerie galt dem nicht nur
bei uns weitestgehend unbekannten Prager Genre-
maler Norbert Grund (1717-1767). Anlaß war
die zweihundertste Wiederkehr seines Todes-
jahres.
Norbert Grund. den man nicht zu Unrecht den
"böhmischen Watteau" nennt. wurde am 4. De-
zember in der Niklaskirche in Prag getauft. Er
stammt aus einer künstlerisch begabten Familie.
Sein Vater, Christian Grund, war Hofmaler am
Gut des Grafen Kolowrat in der Gemeinde
Priesten bei Karbitz.
Norbert Grund hinterließ ein verhältnismäßig
großes und weitverbreitetes GEuvre. Seine Bilder
allerdings sind durchwegs kleine, intime Formate,
die oftmals nicht einmal die Ausmaße einer Post-
karte erreichen.
Nach Abschluß der Lehre bei seinem Vater (1737)
begab sich der Künstler auf mehrere Reisen nach
ltalien und Deutschland. vor allem jedoch nach
Wien. wo er Eine malerischen Kenntnisse bei
Franz de Paula Ferg beträchtlich erweitern konnte.
Zu seinen Käufern zählten reich gewordene
Bürger sowie kleine Adelige, die sich mit Grunds
thematisch mannigfaltigen Bildern und Bildchen
vielfach Galerien aufbauten, die Parallelen
en miniature zu den früheren großen Bilder-
sammlungen des Adels darstellten. Das Material
dieser ersten großen Ausstellung des künstlerischen
CEuvres von Norbert Grund in Österreich um-
faßte 167 Gemälde und 38 Kupferstiche von
Johann Balzer nach Bildern Grunds. Die Hängung
wurde chronologisch vorgenommen. was deshalb
besonders schwierig war. weil der Maler nur ein
einziges Bilderpaar - es stammt aus dem Jahre
1750, einer Zeit, die einer wichtigen Zäsur in
seinem Schaffen gleichkommt 4 datiert hatte.
Grund, eine "typische zentraleurapdische Künstler-
persönlichkeit, die in ihrem Schaffen den Glanz
des französischen Rokokos, das Licht der vene-
zianischen Malerei, aber auch die Düsternis zeit-
genössischer Sittenschilderung zu vereinen wußte"
(Fritz Novotny). hat durch seine farbig höchst
reizvollen und alle Vorzüge einer intimen, sensiblen
Malerei zur Geltung bringenden Bilder einen
eigenständigen Beitrag zur Kunst des 18. Jahr-
hunderts geleistet, der mit dem dominierenden
Pathos kirchlichen Barocks deutlich brach. Der
Natur und dem alltäglichen Leben zugewandt,
matte Grund in . ölliger Hingabe an die lustvolle
Entspannung Aug in Aug' mit der irdischen Welt"
(Jan Kriz) und halt so einer neuen Ästhetik, einem
neuen Lebensgefühl zum Durchbruch.
Die immer stärkere Eigenständigkeit seiner Bilder
ab 1751 [S2 zeigt sich auch in der Freizügigkeit des
malerischen Duktus und im kühnen Setzen farbiger
Akzente. Liebevolle, poetische Schilderung und
malerischer Sensualismus finden sich bei ihm
adäquat vereint. In einzelnen Arbeiten, wie etwa
dem um 1760 gemalten, 21 X17 Zentimeter großen
Ölbild „Römische Ruine" (siehe unsere Abbildung),
das an David Caspar Friedrich denken läßt. kann
man sogar eine Varwegnahme gewisser Tendenzen
der Malerei der Romantik erkennen.
Aus einer Vielfalt von Anregungen und Einflüssen
hat Norbert Grund eine ganz persönliche, stim-
mungsvolle Malerei entwickelt, die durch kompo-
sitorisches Können. feines Kolorit. Lebensnühe und
Natürlichkeit für sich einnimmt und damit auch
dem Menschen von heute etwas zu sagen hat, wie
das rege Interesse bewies. das dieser schönen
Ausstellung entgegengebracht wurde.
Peter Baum