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Volltext: Alte und Moderne Kunst XIII (1968 / Heft 98)

Persönlichkeit. Sie War fröhlich, exzentrisch, 
äußerst freigebig und liebte es, elegante 
Kleider zu tragen und schöne Feste zu 
veranstalten. Gräfin Lulu Thürheim, eine 
Schwägerin des Fürsten Andre, schreibt 
über sie Anfang 18259: 
„Mein Journal beschrieb bereits in der 
Abteilung Petersburg die Gräfin Leon Ras. 
Durch den jüngsten Verlust ihres heiß- 
geliebten Gatten erschüttert, in großer Be- 
sorgnis, dessen ungcheures, ihr hinter- 
lassenes Vermögen, das ihr zwei Schwäger 
streitig machten, zu verlieren, immer mit 
schwarzen Schleiern verhüllt, immer Tränen 
vergießend und an fortwährcndem Brech- 
reiz leidend, schien die Gräfin Leon eine 
allerliebste Bälle. Ich erinnere mich unter 
anderem noch eines köstlichen Festes, das 
die Gräfin am 2. Februar, teilweise in ihrem 
Garten, bei herrlichem Mondschein und 
lauer, berauschender Luft gab." 
Neben Paris, ihrem bevorzugten Wohnort, 
lebte die Gräfin oft in Österreich. In den 
dreißiger Jahren war sie mehrmals für 
einige Monate in Karlsbad und gebrauchte 
dort die Kur. Der Herzog von Cumberland 
ließ ihr zu Ehren auf einem schönen Aus- 
sichtsplatz eine Tafel mit folgender Inschrift 
anbringen: 
Souvenir eleve cn 1834 a M-me la Comtesse 
Leon de Rasumoffsky, hommage de la 
Zeit nach Rußland und schlug ihr Domizil 
um die Mitte der vierziger Jahre endgültig 
in Petersburg auf. Im Sommer übersiedelte 
sie in ihr Landhaus in Peterhof und war auf 
diese Weise wieder in der Nähe des Hofes 
und des gesellschaftlichen Trcibens. Über 
diese letzten Jahre gibt es eine biographische 
Skizze, verfaßr von einer Großnichte, 
ebenfalls einer Prinzessin Maria Wiasemsky, 
später verheiratete Frau Nasimoß", die von 
der Gräfin Leon adoptiert wurde, als diese 
ungefähr 90 und das Mädchen 12 Jahre 
zählte. Aus diesen in französischer Sprache 
abgefaßten Erinnerungen erfahren wir 
einiges über das Leben der vornehmen 
Familien in Rußlandll: 
moderne Artemis zu scin. S0 hatte ich sie 
drei Jahre zuvor in Petersburg verlassen, 
so sah ich sie, drei Jahre später, in Florenz: 
ein Berct über dem Ohr, Spitzen, Schmuck 
und Flittcrkram überall, aufgeräumt, 
schwatzhaft wie eine Elster, tanzend, reitend, 
Galopp-, Gesang-, Zeichen- und Harfen- 
stunden trotz ihrer 49 Jahre nehmend und 
im übrigen die gutmütigste Frau der Welt. 
Sich zu unterhalten, war ihre Devise. Sie 
besuchte viel die Gesellschaft und gab 
schließlich in ihrer reizenden Villa Corsi 
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societe dem elle fut le charme et Pagrement 
pendant deux sais0ns"10. 
Einen weiteren Nachweis für den Aufent- 
halt der Gräfin in Österreich ist A. v. Bensas 
Farblirhographie „Praterfahrt", auf der 
eine Reihe von Karossen aristokratischer 
Familien auf ihrer Spazierfahrt dargestellt 
sind. Mitten darunter ist auch der Wagen 
der Gräfin Leon Rasumovsky zu sehen. 
Zwischen ihren Auslandsaufenthalten fuhr 
die Gräfin aber immer wieder für längere 
„Nach ihrer Rückkehr aus dem Ausland 
nahm meine Großmutter in der Gesellschaft 
den Platz ein, der ihr auf Grund ihres 
historischen Namens gebührte, und ihr 
Haus gehörte zu denen, die am meisten 
frequentiert wurden. Während der Winter- 
saison folgten in ihrem Stadtpalais Soireen, 
Diners und Routs in ununterbrochener 
Reihe aufeinander und begannen im Sommer 
von neuem in ihrem reizenden Landhaus 
in Peterhof. Unter den Gästen sah man 
öfters Mitglieder der kaiserlichen Familie,
	        
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