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Volltext: Monatszeitschrift XII (1909 / Heft 10)

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nur das eine kannte, es diesen dereinst 
gleichzutun an Brauchbarkeit und Ge- 
schicklichkeit. Das beste Zeugnis stellte 
sich der Handwerkerstand damit aus, 
daß ihm kaum ein anderer Beruf an 
Ausdauer gleichkam. Ohne Unterbre- 
chung wurde ein und dasselbe Hand- 
werk in einzelnen Familien durch viele 
Generationen, durch viele Jahrhunderte 
erblich, nicht aus Not und nicht aus 
Unfähigkeit für einen anderen Stand, 
sondern aus Liebe und tatsächlicher 
Eignung. Das, was nun täglich wieder- 
kehrt, der durch die heutigen Verhält- 
nisse ganz begreifliche Abfall vom 
Handwerk bei etwas günstigerer Le- 
benslage, hätte damals einen Sturm der 
Entrüstung bei den Mitgliedern der 
Innung hervorgerufen und sie hätten, 
wie es eine Schmiedezunft getan, ent- 
schieden: „Es ist ein unerhörtes unge- 
reimtes Ding in ihrer ganzen Stadt, daß 
Schmiedekinder Doktores würden und 
man möge es bei den alten löblichen Gewohnheiten lassen verbleiben". 
Wie eingangs bemerkt, steht heute nahezu das gesamte Handwerk in 
Gefahr, von maschinellen oder anderen großen Betrieben mit schablonen- 
mäßiger Massenerzeugung erdrückt zu werden. Selbst beim vornehmsten 
Handwerk, bei dem der Goldschmiede, tritt bereits die Geschicklichkeit des 
einzelnen vor der Möglichkeit, ohne sie im großen und billiger zu erzeugen, 
zurück. Nur wenige Handwerke haben auch für die Zukunft ihre alte Bedeu- 
tung, ich erwähne hier nur das der Stempel- und Steinschneider, der heutigen 
Graveure. Auch die Zinngießer könnten unter den alten Bedingungen fort- 
bestehen, wenn dieses Handwerk nicht schon in früheren Zeiten durch eine 
ehrliche Konkurrenz, nämlich durch eine solche des Materials erdrückt 
worden wäre. 
Das Zinn war im XVJahrhundert noch ein kostbares Material. Es 
stand damals hinsichtlich seines Wertes gleich hinter dem Edelmetall. Erst 
die Eröffnung neuer Seewege und rege Handelsverbindungen ermöglichten 
im XVLJahrhundert eine größere Einfuhr aus dem Ausland. In den Städten 
wurde es dann in großer Menge verarbeitet und galt, da der Preis herab- 
gesetzt werden konnte, als das Silber der Armen. Die Blüte des Handwerks 
fällt in das XVII., sein Untergang in das XIX. Jahrhundert. Als nahezu aus- 
gestorbenes Handwerk und weil seine besseren Arbeiten zum Kunstgewerbe 
zählen, verdient es die Festlegung seiner Geschichte, die Veröffentlichung 
 
Abb. x. Zunftwappen der Salzburger Zinngießer, 
XVII. Jahrhundert
	        
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