ändert sich die künstlerische Richtung, die Ausdrucksform und damit auch
die Mittel, deren man sich bedient. So sonderbar uns dies heute anmuten
mag, es steht doch fest, daß die Abwendung von der Spätbarocke, die zum
Rokoko führt, und die Abkehr vom Rokoko, die den Weg zum Klassizismus
weist, aus derselben Sehnsucht nach der Natur entspringt. Das Ranken-
werk und Linienspiel
des Rokoko wird in
der Zeit seines Ent-
stehens als natura-
listisch empfunden,
so stilisiert oder
wenn man will, ge-
ziert es uns heute
auch vorkommen
mag. Und der Kampf-
ruf des Klassizismus
ist gleicherweise der
Ruf nach der Natur,
die man sich durch
die schöpferische
Erneuerung der an-
tiken Formenspra-
che wieder zurückzu-
erobern sucht. Wie
immer weisen auch
hierPoesie undWis-
senschaft der bilden-
den Kunst neue We-
ge; sie sind es,
welche die Geister
befruchten und zu
lebendiger Entwick-
lung fortleiten. Die
griechische Dich-
tung arbeitetdergrie-
chischen Plastik vor,
realisiertdenMythos;
Dante, Boccaccio,
Petrarca bereiten der neuen Kunst Italiens den Boden. Im XVIII. Jahrhundert
sind es kleine und große Männer der Literatur, welche durch ihre Bestre-
bungen zur Reform des literarischen Geschmacks auch dem Neuaufbau der
Kunst zu Hilfe kommen. Wer am Hofe Friedrichs II. keine Förderung Findet,
wird in Wien erhört und aufgenommen. Die imjahre 1761 in Wien begründete
„Deutsche Gesellschaft", in deren Mittelpunkt sofort Sonnenfels tritt, will
Bibliothek im Joseünurn, 1785