empor. Unter Jobst von Mähren war vor Allem sein Kanzler die trei-
bende Kraft, die den Hof und die neue Wissenschaft verband. König
Siegmund war für den humanistischen Hauch um so empfänglicher, als
er vielfach mit Italien in Berührung kam.
Unter dem aller Wissenschaft völlig abgewandten Friedrich III. trat
in die Reichskanzlei Enea Silvio Piccolomini ein, der der eigentliche
Apostel des Humanismus unter den Deutschen wurde. Ueberall tauchen
seine Schüler auf und nehmen auch in Böhmen hohe Stellungen ein.
Unter Wladislans glich der Königshof einer gelehrten Akademie;
die goldene Aera des Humanismus in Böhmen zog Talente groß, die
vom In- und Ausland bewundert wurden.
Freilich hat die böhmische Renaissance einen katholischen Charakter,
und nicht von ihr erhielt das deutsche Kerngebiet des westlichen Böhmen
einen Ableger, sondern von Sachsen; aber der geistige Luftkreis hatte
doch schon das Ozon der Antike in sich aufgenommen, die Gebildeten,
die Behörden, die Regierung hatten darin Erfahrung.
In keinem, nicht nur deutschen, Orte Böhmens sind Humanismus
und Reformation eine so innige und fruchtbare Verbindung eingegangen,
wie in Joachimsthal, deren greifbarer Ausdruck das Gymnasium und
Mathesius" Kanzelreden waren. Unter seinem Rectorate scheint die mit
einer zum Theil bis heute erhaltenen Bibliothek verbundene Schule ihre
Glanzzeit gehabt zu haben; er prägte ihr seinen Stempel auf: die Anstalt
sollte Religion, in Gestalt des Lutherthums, und Humanismus vereinigen.
Dass die weltlichen Fächer über den obenan stehenden, ja bis zur
Ueberfütterung gepflegten religiösen nicht zu sehr verkürzt wurden, beweist
die Nachricht, dass ein Jahr nach Einführung des Luther-Katechismus
die erste lateinische Comödie agirt ist, wie auch lateinische Verse fabricirt
wurden. Sophokles, Aristophanes, Lucian, Euripides wurden im Costüm
gespielt. Unter den dramatischen Aufführungen, die man in erzgebir-
gischen Schulen veranstaltete, sind die in Joachimsthal besonders berühmt
geworden. weil sie bedeutende Sprachkenntnisse der Schüler forderten.
Die Joachimsthaler Schüler besetzten daheim und auswärts Stellen als
Pfarrer, Lehrer und Beamte; sie traten als Dichter und Schriftsteller auf.
Zu ihnen gehört auch Lessing's Ahnherr; und wie Gotthold Ephraim
zwei Jahrhunderte später in Meißen, so lernte im Thal sein Ahnherr
Clemens das elassische Alterthum gründlich kennen.
Nicht nur von seinem Gewissen, seinen Schülern, seinen Erfolgen
erhielt Mathesius ehrendes Zeugniss, sondern auch von außerhalb, von
der Regierung, von urtheilsfähigen Mitarbeitern. Als König Ferdinand
in dem nahen Kaaden den bekannten Frieden schloss, durch den er
Württemberg abtrat, besuchte er Joachimsthal, dessen Silberreicbthum
ihm so wichtig und dem dortigen Protestantismus ein glänzender, lange
schirrnender Schild war. Er sprach sich lobend über die Schule aus.