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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe XVI (1881 / 193)

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rechte Künstler übt. Ob er nun seine Kunst auf einer großen WandHäche 
ausübt oder an einem Schranke oder einem Fächer, das ist ganz gleich- 
giltig. In allen Fällen kann und soll er ein gutes Kunstwerk schaffen, 
das unser Auge erfreut, unseren Geist anregt, unser Gernüth erhebt. . 
Aber allerdings in diesem echt künstlerischen Sinne wird die Deco- 
rations-Malerei selten aufgefasst und geübt. Daher hat der Ausdruck 
Decorativ- oder Decorations-Malerei einen schlimmen Beigeschmack. Man 
kann ja einem figuralen Gemälde nichts Schlimmeres nachsagen, als dass 
es reine Decorations-Malerei sei. Wenn man einem Bilde nachsagt, v-es 
ist nur decorativ behandeltu, so versteht das gewöhnliche Menschenkind 
meist nichts Anderes darunter, als dass das Gemälde flüchtig und liederlich 
in der Zeichnung und in der Malerei sei. Dass es ganze Kunstperioden 
gibt, in denen selbst die besten Künstler sich nicht über das Niveau der 
Decorations-Malerei erheben können und in der Zeichnung, in der Model- 
lirung und in der malerischen Durchführung decorativ sind, ist eine be- 
kannte Thatsache. In der Zeit des Vasari und der Zuccheros hatte die 
Kunst einen wesentlich decorativen Charakter. 
Auch die barocke Kunst ist wesentlich eine decorative gewesen. Dass 
in neueren Zeiten die ganze Geschmacks- und Kunstrichtung eine Wen- 
dung zur decorativen nimmt, ist eine nicht wegzuleugnende Thatsache, 
und so wenig es einem ernsthaften Kunstfreunde einfallen kann, das in- 
dividuelle Talent der barocken Künstler deswegen geringer zu schätzen, 
weil sie ihr Talent in decorativer Richtung verwerthet haben, so wenig 
kann man diejenigen Künstler geringschätzig behandeln, die sich heutigen 
Tages rnit Aufgaben decorativer Natur beschäftigen. Was man vonihnen 
nur verlangen kann, ist, dass sie bei diesen Aufgaben den Anforderungen 
der Kunst entsprechen, welche in der Natur der decorativen Aufgabe liegen, 
und dass sie nicht die Kunst, die sie üben, mit Bewusstsein als eine schlechtere 
und niedrigere Kunstart behandeln, bei der man weniger Geist, Bildung 
und Empfindung brauche und weniger von der Kunst zu verstehen nöthig 
habe als ein anderer Künstler. 
Wenn daher ein Kunstjunge, der zu geistesfaul ist, der keine Lust 
und keine Neigung hat, die Zeichnung, die Anatomie, die Perspective 
gründlich zu studieren, meint, er würde schneller ein Maler werden, wenn 
er sich der Decorations-Malerei zuwendet, so ist es ein grober lrrthum. 
Er wird nur auf diesem Wege ein schlechterer Künstler werden; er wird 
vielleicht eine bessere Sorte von Zimmermaler werden, aber für Decora- 
tions-Malerei ist er nicht brauchbar. 
Dass sich heutigen Tages viele Künstler mit einer halben Kunst- 
bildung begnügen und in ihrer Kunstbildung auf dem halben Wege stehen 
bleiben, ist erklärlich, eben so erklärlich ist es auch, dass viele Künstler, 
die es auf dem Gebiete der figuralen Kunst nicht weiter bringen können, 
sich bescheideneren Gebieten zuwenden, wie es das Stillleben oder die 
Blumenmalerei ist. Aber Stilllebenmaler sind keine Decorations-Maler.
	        
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