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griechischen EinHuss zeigen die ausgestellten und in dem soeben erschie-
nenen Kataloge genau beschriebenen graeco-buddhistischen Sculpruren,
deren eigenthümlichen Charakter man durch Vergleichung mit den Hindu-
Erzeugnissen leicht begreift, während der letztere, islamitische Einfluss
namentlich an den Industrie-Erzeugnissen der Neuzeit auffallend hervor-
tritt. Die graeco-buddhistischen Kunstwerke bieten in der Regel Scenen
aus dem Leben des großen Religionsstifters in derselben Weise, wie etwa
bei uns die verschiedenen Scenen aus dem Leben Jesu Christi wieder-
kehren. Wie bei uns das Christenthum, hat auch in Indien der Buddhis-
mus die bildende Kunst mächtig angeregt und eine eigenthümliche Richtung
innerhalb derselben erzeugt.
Gerade in der Auffassung der religiösen Mythe tritt der Gegensatz
zwischen dem Buddhismus und dem Brahmanismus hervor und wir können
denselben leicht begreifen, wenn wir einen Blick auf die sowohl plastisch
als bildlich dargestellten mythologischen Figuren und Vorgänge werfen.
Dieselben haben wohl künstlerisch etwa denselben Werth wie die in den
katholischen Ländern dutzendweise angefertigten Darstellungen der heiligen
Geschichte; sie machen uns aber wie diese mit den Vorstellungen bekannt,
welche das Volk von den betreffenden religiösen Dingen hat und sind für
die Culturgeschichte von einer gewissen Bedeutung. Wir sehen da manche
Scene der indischen Mythologie, deren Darstellung in den Büchern uns
ziemlich verschwommen schien, mit einer realistischen Derbheit wieder-
gegeben, die bei der Fremdartigkeit des Gegenstandes uns ganz eigen-
thümlich berührt.
In ein ganz anderes Gebiet, nämlich das der Kunst-Industrie, fallen
die Shawl-Arbeiten, Stickereien, Thonwaaren, Metall-, Holz-, Marmor-,
Elfenbein- und Lackarbeiten. - Aehnliche Gegenstände wurden zwar in
Wien schon öfter gesehen, die hier ausgestellten sind aber, da sie manches
Originelle bieten, immerhin berücksichtigungswerth. Von ganz besonderem
Interesse ist das Modell eines Webestuhls, auf dem die berühmten Cachemir-
Shawls verfertigt werden. Dr.Leitner hat in einer Abhandlung das
ganze Verfahren von der Gewinnung der Wolle an bis zum Fertigstellen
des Shawls ausführlich beschrieben und die ganz eigenthürnliche Kunst-
Sprache der Shawlweber mitgetheilt. Erstaunen erregend ist die große
Zahl der Farben (über ein halb Hundert), welche innerhalb der Shawl-
Fabrication unterschieden und mit eigenen Namen bezeichnet werden;
es lässt dies auf den eminent entwickelten Farbensinn des betreffenden
Volkes schließen.
Zum Schlusse seien noch einige historische Porträts erwähnt, wie
jene der Mogul-Kaiser Akbar und Aurangzib und des berühmten Randschit-
Singh, sowie die schön ausgeführten Photographien indischer Bauten und
interessanter Volkstypen jener nordwestlichen Gegenden Indiens, die bis vor
Kurzem den Europäern unzugänglich waren. Bekanntlich war Dr. Leitn er