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Tscha-no-yu wieder in's Leben, versammelte die Meister derselben und
die Kenner ihrer Gebräuche um sich. Der Zweck der Tscha-no-yu ist,
den Menschen den Einflüssen des ihn umgebenden irdischen Treibens zu
entziehen, in seinem Innern das Gefühl vollkommener Ruhe herzustellen,
ihn zur Selbstbetrachtung zu stimmen, weshalb auch sämmtliche Ge-
bräuche auf diesen Zweck gerichtet sind. ' -
In luftige, reine Gewänder gekleidet, ohne Waffen, versammeln sich
die Mitglieder der Tscha-no-yu um den Hausherrn und werden von ihm,
nachdem sie einige Zeit im Vorsaale ausgeruht, in einen eigens hiezu
hergerichteten Pavillon geführt. Dieser besteht aus den kostbarsten Holz-
arten, ist aber ohne jeden Schmuck, der die Gedanken ablenken könnte,
ohne Farbe, ohne Firniss, durch kleine, dicht bewachsene Fenster nur
spärlich beleuchtet und so niedrig, dass man darin nicht aufrecht stehen
kann. Die Gäste betreten das Gemach mit feierlich gemessenen Schritten,
werden von dem Hausherrn nach den vorgeschriebenen Formeln empfangen
und setzen sich dann im Halbkreise zu seinen beiden Seiten. Jeder Unter-
schied des Ranges hört auf. Nun werden unter feierlichem Ceremoniel
die alten Gefässe aus ihren kostbaren Umhüllungen hervorgeholt, begrlisst
und bewundert; mit eben so feierlichen, genau vorgeschriebenen Formeln
wird das Wasser auf dem dazu bestimmten Herde gekocht, der Thee den
Gefässen entnommen und in Tassen zubereitet. Der Thee besteht aus
den mittels einer Steinmühle zu Staub geriebenen jungen Blättern des
Theestrauchs und wirkt sehr aufregend. Die Bereitungsart selbst ist eine.
sehr schwierige, mit bestimmten Vorschriften geübte Kunst, welche noch
jetzt in Japan sehr hoch geachtet und zumeist von älteren Priestern ge- ß
lehrt wird. Es gehört dies zur Erziehung der besseren Stände. Unter
tiefem Schweigen wird der Trank aus kleinen Tassen getrunken, welche
auf einem einfachen Bambusabschnitt präsentirt werden, während Weih-
rauch auf der erhabenen Nische wtokon brennt. Nachdem sich der Geist
gesammelf, beginnt die Unterhaltung, die sich jedoch nur auf abstracte
Gegenstände beziehen darf. Politik soll indessen nicht immer ausgeschlossen
bleiben. Der Preis der bei dieser Gelegenheit verwendeten Gefässe ist
sehr bedeutend und stehen diese im Werthe unseren besten Gemälden
nicht nach. Taikosama belohnte seine Feldherren oftmals mit dergleichen
Gefässen, statt, wie sonst üblich, mit Ländereien. Die letzten, die ich
gesehen, waren nicht schön; es waren alte, verwitterte, schwarze oder
dunkelbraune Vasen zum Aufbewahren des Thee's, hohe Tassen aus
Craquele, Porcellan oder Steingut zum Trinken des Aufgusses, tiefe,
breite Wasserbehälter, eiserne Kessel mit Ringen zuth Wasserkochen, -
alles höchst einfach zum Ansehen, aber in die kostbarsten Seidenstotfe
eingewickelt und oft in vergoldeten Lackkästchen aufbewahrt. Unter den
Schätzen des Mikado und des Taikun, auch in einigen Tempeln, werden
unter den Kostbarkeiten derlei alte Gefässe mit Documenten über ihre
Herkunft und Vererbung aufbewahrt.