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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe IV (1889 / 10)

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Richtung ihre volle Bedeutung aufzuweisen, in welcher es sich um die 
Pflege des Wappenwesens in conservativem Sinne handelt, dort wo Alther- 
überliefertes den Gegenstand einer solchen Pflege bildet. Anders - und 
es soll nicht geleugnet sein - unsicherer und schwieriger gestaltet sich 
die Sachlage, wenn es sich um Wappen aus jenen Perioden handelt, 
welche keinerlei Anknüpfungspunkte mit den Zeiten des lebendigen, prak- 
tischen Wappenwesens mehr aufzuweisen haben. 
Sollte es nöthig sein, auf die Anachronismen hinzudeuten, welche 
sich bei neuen, im Sinne der equestrischen Heraldik geschaffenen 
Wappen ergeben können? - Kaum ist dies anzunehmen; auch würden 
hier weder Zeit noch Aufgabe es erlauben, eingehender hierüber zu 
sprechen. 
Die Heraldik hat seit ihrem Bestehen, wie wir wissen, mehr als 
eine Phase durchgemacht, welche jede für sich eigentlich in einer Ab- 
zweigung von der bestehenden Richtung ihren Ausdruck fand. Ob eine 
solche Abzweigung in nicht zu ferne liegender Zukunft sich vielleicht 
vollziehen wird, ist heute noch nicht mit Sicherheit vorauszusagen. Die 
Bedingungen hiezu wären wohl vorhanden; die Neigung zu emblema- 
tischen Zusammenstellungen, die Vorliebe für rangunterscheidende Zeichen 
dürften vielleicht den Anstoß dazu geben. 
Ein weiterer, sehr zu berücksichtigender Ausgangspunkt würde wohl 
in der Verwendung von gewerblichen Marken zu persönlichen Abzeichen 
zu finden sein; dies wäre schon deshalb zu beachten, weil aus prak- 
tischen Gründen solche Zeichen manche echt heraldische Eigenthümlich- 
keiten aufzuweisen haben, wie denn ja auch richtige Wappenfiguren in 
alter Zeit oft genug als gewerbliche Marken Verwendung fanden. Der 
Adel der schöpferischen Arbeit könnte damit, wie einst der Uradel des 
Ritterthums, seine freigewählten Abzeichen zu Ehren bringen, und würde 
sie gewiss auch rnannhaft zu schützen wissen gegen jeden Missbrauch 
oder feindlichen Angriff. 
Wie immer aber im Principe die Pflege der Wappenkunst in Zu- 
kunft sich gestalten mag - eines muss mit Sicherheit begriffen und fest- 
gehalten werden: dass nur durch die Klarlegung des Wesens der Wappen 
auch der Sinn für ihre Wichtigkeit erhalten bleiben kann, der erstirbt, 
wenn der Inbegriff der l-leraldik nur in einem langen Register von 
Namen und dazu gehörigen Zeichen besteht, welche ebenso eifrig als 
zwecklos memorirt werden. Solches aber hintanzuhalten soll die erste 
Aufgabe eines jeden richtigen Heraldikers sein.
	        
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