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Gewänder mit langen in Zatteln zerschnittenen Aerrneln, die Herren weite,
zum Theil auch mit Zatteln geränderte Röcke, alles wie es im Anfange des
15. Jahrhunderts Mode war. Eine Inschrift ist auf diesem Teppich nicht
vorhanden. Das Costüm lässt über die Zeit der Entstehung keinen Zweifel.
Was aber den Ort betrifft, so bleibt es allerdings noch völlig unbewiesen,
wenn der Herausgeber Heyne sie auf Grund eines Baseler Wappens, das
sich auf einem dritten nicht zu dieser Gruppe gehörigen Teppich befindet,
der Stadt Basel zuschreibt, wenigstens diesen dritten Teppich nebst einem
der beiden vorher beschriebenen.
Wenn Wappen entscheidend wären - jedenfalls können sie nur
mit zum Beweise dienen - so müssten diejenigen Teppiche unserer
Art, welche sich im Regensburger Rathhause erhalten haben, nach einer
schwäbischen Stadt als ihrem Fabriksorte versetzt werden, denn auf ihnen
finden sich die Wappen der schwäbischen Familien Rüden von Kolmberg
und Stain von Rechtenstein. Im genannten Rathhause haben sich mehrere
als Wandbekleidung erhalten, zum Theil freilich in schlechtem, nicht
mehr ursprlinglichem Zustande. Sie sind gegenständlich von verschiedener
Art (cf. Mittheilungen der Centralcommission,Jahrgang 1863, p. 57 ff.,
wo sie von Hans Weininger ausführlich besprochen und zum Theil in
Abbildungen dargestellt sind). Die einen, welche zwischen Rundfeldern
mit Thierbildern verziert sind, gehören als gestickt nicht hierher; andere
aber sind gewirkt und gehören nach Technik und Gegenstand zu unserer
Gruppe. Sie stellen den Kampf der Laster und der Tugenden dar, Scenen
aus dem Leben der vornehmen Gesellschaft, so eine Dame und einen
Herrn beimKartenspiel, ferner eine Scene, die wahrscheinlich einemGedichte
entnommen ist, sodann endlich Scenen mit wilden Männern und Frauen,
bei deren Aeußeren die zottige Bekleidung in den Abbildungen sehr
unverstanden ausgefallen zu sein scheint. Männer wie Frauen scheinen
mehr mit enger, gestreifter Kleidung angethan zu sein, doch da in dem
Wenigen, was noch von den lnschriften vorhanden, von nwilden Leutenß
die Rede ist, so kann über die Bedeutung und das Aeußere der Figuren
kein Zweifel sein. Auffallend ist, dass hier auch Frauen in gleichem
Aeußerem unter den wilden Leuten sich befinden; es sind eben Wald-
frauen, die ja auch in Sage und Dichtung zum Oefteren vorkommen.
Das war bisher so ziemlich alles, was von dieser eigenthümlichen
Gruppe von Wandteppichen und Rücklaken bekannt geworden; Einzelnes
von minderer Bedeutung mag sich hie und da noch unhekannterweise
im Besitz von Privatsammlern befinden. Man kann die Gruppe aber ver-
mehren, indem man ihnen jene Teppiche mit Darstellungen aus Helden-
gedichten zuzählt, wie jenes lange Rücklaken in Sigmaringen mit einer
großen Reihe Scenen aus dem Epos von Wilhelm von Orlens oder
Oranse, das bei Becker und Hefner (Kunstwerke und Geräthschaften
Ill, 3, 4) abgebildet ist. Offenbar stammen sie, wie aus derselben Zeit,
so auch aus derselben Fabricationsstätte. Es sind aber auch ihrer nur wenige.