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engsten Sinne des Wortes einnehmen, aber keine keltische Herrschaft
in Mittelitalien aufrichten.
Von der westlichen Poebene haben wir daher nicht viel zu sagen,
desto mehr von der östlichen und von Mittelitalien, wo die verhüllten
Götter der Zukunft geheimnissvoll getragen wurden. Auch die Genien
der Kunst und Industrie befinden sich unter diesen Gottheiten; aber
ihre Sprache ist noch Jahrhunderte lang ein kindliches Nachlallen wenig
bedeutender Mutterworte.
Unter den Alpenseen Oberiraliens ist am pfahlbaureichsten der kleine
Lago di Varese zwischen dem Comosee und dem Lago Maggiore. Sieben
Dörfer lagen in diesem engen Wasserbecken; aber alle sieben Stationen
haben neben zahllosen Topfscherben und Steinartefacten (worunter
mehrere tausend Pfeilspitzen aus Feuerstein) nur rSo-zoo Bronzen
geliefert. Zur Vergleichung sei angeführt, dass die sieben Pfahlbauten
des Lac du Bourget in Savoyen gegen 4000, die Pfahlbauten im Bieler- und
Neuenburger-See in der Westschweiz ungefähr 20.000 Bronzen geliefert
haben. Diese Menschen erhielten die Bronzewaaren sicherlich als fertige
Handelsartikel von auswärts, während die Steinpfeilspitzen an Ort und Stelle
gefertigt wurden. Es gab sogar eigene Werkstätten für die Arbeit in
Feuerstein: vollendete und unvollendete Stücke sowie Abfälle finden sich
nur an gewissen Stellen, während z. B. Topfscherben und andere Küchen-
reste überall umherliegen. An anderen Orten, wie in dem Pfahlbau von
Lagozza, scheint man wieder vorzüglich die Fabrication thönerner Spinn-
wirtel und Webstuhlgewichte betrieben zu haben.
Wenden wir uns dagegen zu der der östlichen Pfahlbaugruppe
angehörigen Station von Peschiera im Gardasee, so finden wir einen
blendenden Reichthum an Werkzeug-, WaEen- und Schmuckformen, alle
in goldiger Bronze, schön und zweckmäßig ausgeprägt. Wir treffen da
allerlei Typen von Bellen und Meißeln, Sicheln, Messern, Pfriemen, Nadeln,
Harpunen, dann Lanzenspitzen, Rasirmesser mit doppelter Klinge, Hals-
ringe, Armbänder, Ohrringe, Fibeln, Haarnadeln, Spiralrollen, vielleicht
Locltenringe - daneben nur äußerst wenig Steingeräth, d. h. einige
Messer und Pfeilspitzen aus Feuerstein.
Der Bronzereichthum des Pfahlbaues von Peschiera hat eine doppelte
Ursache: erstens die bessere Lage dieser Station und zweitens die längere
Dauer derselben. Man unterscheidet unter den Metalltypen dieses Fundortes
eine ältere und eine jüngere Gruppe. Die erste umfasst jene Formen,
welche man auch in den Terramaren der Emilia wiederfindet; die zweite
wird von den Objecten der entwickelten Bronzezeit, des sogenannten
bel-äge du bronze, gebildet. Zur ersten Gruppe gehören die Flachbeile
und Paalstäbe, die Meißel und Sicheln, die doppelten Rasirrnesser und
die olivenblattförmigen Dolchmesser mit flacher Griffzunge. Zur zweiten
Gruppe rechnet man die einschneidigen Messer, die Halsringe und allen
anderen Ringschmuck einschließlich der Spiralrollen. - Peschiera bildet