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Volltext: Alte und Moderne Kunst IV (1959 / Heft 7 und 8)

Smaragde als Mittelstücke in den Vierpässen, ferner in den 
Blütenkelchen und in den Bodenstücken gesetzt wurden. 
Die Fassung der Steine ist denkbar einfach: die „Golddrahte" 
sind nicht rund, sondern bestehen aus dünnen Streifchen Blechs, 
mit dem die Schnittlinien im Nephrit ausgelegt sind. Sie bilden 
Stege, die als Fassung zu Zellen zusammengezogen wurden. Bei 
der Montierung wurden die Steine zusätzlich mit einer lack- 
artigen Substanz angekittet. Mit derselben Masse wurde auch 
das Email im Fonds befestigt. 
Die Anlage der Ornamente der Schale läßt sich am besten aus 
den Feldern der Breitseite erweisen. Aus dem Bodenstück ent- 
springt der geradlinig aufstrebende mittlere Stamm einer 
Staude, der unter zwei kleineren seitlichen Blütenknospen eine 
voll entwickelte vierpässige Blüte trägt. Seitenäste, links und 
rechts vom Mittelstamm neigen sich, ebenfalls im Bodenstück 
wurzelnd, in sanftem Bogen auswärts. Das Ganze schmiegt sich 
den gegebenen Umrissen der trapezartigen Fläche an, läßt aber 
genug Raum, um neben dem Golddraht der Zeichnung und den 
Edelsteinen der Knospen und Blüten das großartige Grün des 
Untergrundes aus Nephrit sich entfalten zu lassen. Ranken und 
Schnörkel, wie sie reich und fein auf der Emailminiatur ge- 
zeichnet sind, fehlen in den Seitenfeldern. 
Wie die breiten Seitenstücke sind auch die schmaleren Felder 
der Lang- und Schrägseiten ausgefüllt. Naturgemäß können 
sich die Stauden dort nicht so mächtig entwickeln als in 
den Hauptfeldern. 
Material, Form und Ornamente der Schale sind so gearbeitet, 
daß man versucht ist, sie als Symbolik des Herrschergedankcns 
auszudeuten. Zunächst die achtkantige äußere Form der Schale. 
Sie geht sicher auf das Achteck zurück, das einem Achteckstern 
ein- oder umgeschrieben werden kann, und ist als altiranisch- 
indisches Symbol fiir die Weltherrschaft anzusehen. Die Sym- 
bolik dieses Zeichens hat E. Diez an den Baudenkmälern des 
Mahmud von Ghasna nachgewiesen. Der Schalenkörper selbst 
mag als irdisches Gegenstück zu jener „umgekehrten Schale 
des Himmels" angesprochen werden, wie es in einer Inschrift 
auf einer Berliner Bronzeschale aus Persien belegt ist. Im 
gleichen Sinne entsprechen auch die grünen Farben von Nephrit 
und Smaragd der Farbe des Himmels, der in der iranischen 
Dichtung oft grün ist. Die rote Farbe des Rubins steht dagegen 
als Symbol für die Sonne. Dazu kommen die Staudenornamente. 
Sie lassen sich entweder aus dem Vascnmotiv (Fruchtbarkeit) 
oder aus der Sage vom Lebensbaum her erklären. Alle diese 
Symbole ergeben natürlich sinnvolle Beziehungen auf den Herr- 
scher, der als Sonne Himmel und Erde regiert, das Land 
fruchtbar macht und Leben verleiht, wie es uralten, orientali- 
schen Vorstellungen entspricht. 
Im Fonds der Schale ist das Porträt des Herrschers in Email 
angebracht. Die Farben des Originals, auf dem Photo leider nicht 
sichtbar, sind außerordentlich zart getönt und gehen, die reiche 
Palette der Blau-, Rot- und Violettreihe ausnutzend, ohne Bruch 
ineinander über. Größere Flächen sind in Zcllcnschmelz ein- 
gefangen. Die Zellenschmelztechnik wird durch die Auflage 
von feinen Spiralmustern aus Blattgold optisch erweitert. Behut- 
sam sind die Perlen der Krone in Weiß ausgelegt, was sich 
wirksam von dem Purpur des darübergespannten Thronhim- 
mels abhebt. 
Die Figur des Herrschers steht aufrecht und ist in einer Perspek- 
tive gezeichnet, die der damaligen europäischen Kunstrichtung 
entfremdet war. Beide Fülle sind nach rechts gerichtet und in 
archaisierender Manier fast ohne Verkürzung in Vollansicht von 
der Seite wiedergegeben. Rumpf und Antlitz bieten die volle An- 
sicht von vorne. Der linke Arm ist abgewinkelt, die schmalen 
Finger der Hand fassen die kostbare Gürtelschnalle. Die Rechte, 
vom Körper weggestreckt, hält das Szepter. Die Umrißlinien 
des Körpers sind in der Taille eingezogen und wirken zart. 
Mächtig dagegen wirkt die reichbesetzte Krone, die ebenso wie 
das Szepter symbolhaft in den Thron-Himmel ragt, und der 
volle, weit über die Brust herabwallende Bart, welche beide ein 
Gesicht umrahmen, das nur aus den seelenvollen Augen zu be- 
stehen scheint. 
Die Titulatur des Herrschers ist im Innern einer Blütenpalmette 
rechts über einem Strauß Narzissen angebracht und lautet: Fatb 
'Ali Schah Qadschar ar-xultan, „Fath 'Ali Schah Qadschar, der 
Sultan." 
Die Signatur des Künstlers ist rechts, die Jahreszahl links zu 
Füßen geschrieben: ghulam-i khaneb-zad 'Ali, „der staubgebo- 
rene Knecht "Ali", und sanab 1233, „Jahr 1233", das ist 1817 
nach unserer Zeitrechnung. 
Die Anordnung der Inschriften illustriert den Geist von For- 
meln im persischen Briefstil, in denen sich der Adressat dem 
Schah gegenüber etwa als „Sklave des Opfers des das Firma- 
ment berührendcn Fußstaubs" bezeichnet. Wohl in diesem 
Geiste ist die Titelvignette in die Höhe des Thronhimmels und 
die Künstlersignatur .,in den Staub", auf den Erdboden im Bilde, 
gezogen worden. 
Die Schale gelangte - wie in einer Inventarnotiz plausibel ver- 
merkt wurde - wahrscheinlich als Geschenk an den Kaiser 
Franz in Hofbesitz. Sie ist gut erhalten, nur einige Rubinen sind 
ausgebrochen und der Nephrit ist am unteren Saum ganz gering- 
fügig beschädigt. 
Der vom BMlU. ausgeschriebene Österreichische Staatspreis für Kin- 
der! und Jugendliteratur ist u. a. auch für den Fall vorgesehen, daß 
die Illustration der preisgekrönten Werke mitbestimmend lür die Preis- 
zuerkennung ist, so daß dann auch dem Illustrator ein eigener För- 
derungsbeitrag zuerkannt wird. Damit ist auch dem bildenden Künst- 
ler die Möglichkeit gegeben, in einem preisgekrönten Werk einer ande- 
ren Kunstrichtung bestimmend und unter Umständen auch mit An- 
erkennung mitzuwirken. 
Die japanische Vcrlegerorganisnlion „Publishers Association for Cul- 
tural Exchange" plnnl für November 1959 eine internationale Aus! 
stellung in Tokio, bei der Veröffentlichungen und Bücher (hauptsäch- 
lich Bildwerke) über Handwcrkskunsl und Kunst (Bildhauerei, Baukunst 
alt und modern) gezeigt werden sollen. Die genannte Organisation hat 
u. u. um eine Liste der in die Ausstellung aufzunehmenden österreichi- 
schen Werke ersucht und hiczu folgende Angaben erbeten: Name des 
Verfassers, Werk, Ladenpreis, Großhandelspreis. 
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