12 Betttruhe aus der Ateliereinrichtung für Ernst Stbhr -
WeichhoizkorpuszweiseitlichabklappbareAblageflachen.
Höhe 39.5 cm - Länge 124,5 bzw. 183 cm(offen) - Breite
48.5 crn. EnlwuifvonJosef Hoffmann. um 1898. Österreichi-
sches Museum für angewandte Kunst. lnv. Nr. H 2709
Entwürfe für Innenräume und Einzelmöbel von Josef
Hoffmann. Durch einfache Konturzeichnungen schafft
Hoffmann eine Einheit von Wänden, Decke und Möbel-
siücken. Die Möbelstücke weisen einen einfachen
nBrettlstilu auf, der durch gekurvte EinzeldurchbiIdun-
gen belebt ist. In einerZeichnung entdecken wir, neben
einer Sitzbank und einem Kasten, einen Sessel. der in
Form und Gedanken dem ausgeführten Stöhr-Sessel
entspricht (Abb. 3 und 4). Die Rückenlehne weist das
gleiche Laubsägemuster auf; nur die zwei gedrechsel-
ten Stäbe zwischen den vorderen Beinen des Sessels
fehlen am ausgeführten Werk. im ganzen wirkt aberder
gezeichnete Sessel leichter als derausgeführte. Fürdie
Kanzlei desAdvokaten Dr. Walter Brix verwendete Hoff-
mann diesen Sesseltyp in leicht abgeänderter Form
wieder." Diese, 1899 datierte Einrichtung wurde auch
in grün gebeiztem Holz ausgeführt, Die hohen, schma-
len Kasten zeigen eine ausgesagte Halbkreis-Bekrä-
nung, die an einige ausgeschweifte Details der Stöhr-
Möbelstücke (z. B. Toilette-Tisch), erinnern (Abb. 5).
Als Hilfsmittel zur Datierung und Stilbestimmung der
Stühr-Einrichtung dienen Josef Hoffmanns graphische
Beiträge zu der Zeitschrift Ver Sacrum. Verschiedene
Hefte des Jahrganges 1900 sind mit Vignetten und
Buchschmuck Hoffmanns verziert. Das Motiv, linear-
stilisierte Blumen. findet man sowohl als Ftandzeich-
nung im VerSacrum als auch im Laubsägeschmuck am
Stöhr-Kasten (Abb. 7 -10). An einem zweiten Kasten
Stöhrs kommt eine andere linearisierie Pfianzenform
aus Ver Sacrum vor. Wie Sekler vermutet, sind diese
Entwürfe in der Zeit von 1898l99 entstandenf" Man fin-
det sie am MetaIl-Glas-Portalbogen der Geschäftsnie-
derlage nApoilo-r (1899) und am Wandverbau im Wohn-
raum des Landhauses irBergerhöhe-i (1899).
Die letztgenannte Einrichtung ivBergerhöher weist
einige stilistische Parallelitäten zur Stöhr-Einrichtung
auf. Die Türen wurden mit vhornartigenu Ausformungen
abgeschlossen, die Vertafelung grünlich gebeizt, die
Möbelstücke einfach und funktionell gehalten und die
Räumlichkeiten zweckmäßig aufgeteilt. Obwohl die
genaue Aufteilung der Möbelstücke im Raum nicht
dokumentarisch belegt ist, ist anzunehmen, daß sie in
ähnlicher Weise wie in der "Bergerhöherr gelost wurde.
Der Maler Ernst Stohr brauchte eine multifunkticnelle
lnnenraumeinteilung für seine Zwecke. Josef Hoff-
manns Möbelideen, wie die Bett-Truhe(Abb. 12) mit auf-
klappbaren Seitenteilen, erfülltendiese Bedingungen in
hohem Maße.
In diesem Zusammenhang sind einige Skizzen, die
Ernst Stöhr angefertigt hat, von großem Interesse."
Ein Blatt zeigtvierVersionen eines Spiegelaufsatzesfür
einen Waschtisch. Es sindbloße Ideen, die durch flüch-
tige Konturzeichnungen hingeworfen sind, so, als ob
Stöhr zum Bleistift griff um seine Vorstellungen im
Gedankenaustausch zu verbildlichen. Es ist anzuneh-
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men, daß sein Gesprächspartner der Architekt und
FreundJosefHofimannwar(Abb. 13). DadieseSkizzen
beim Nachlaß Ernst Stöhrs entdeckt worden sind, stellt
sich die interessante Frage, inwiefern Ernst Stohr mit
Josef Hoffmann bei der Gestaltung seines Lebensrau-
meszusammengearbeitethat.Weildiese Frage keines-
wegs leicht zu beantworten ist, möchte ich diese Skiz-
zen detailliert besprechen.
Dadie Skizzen im Charakter nicht einheitlich sind, kann
man sie mindestens in zwei Gruppen einteilen: eine
Gruppe von Vorstudien und eine zweite von unausge-
führten Ideen (Abb. 14 und 15). Besonders aufschluß-
reich ist eine kolorierte Zeichnung Stöhrs von einem
Waschtisch mit Spiegelaufsatz. Der Waschtisch ohne
Aufsatzist im Besitz des Österreichischen Museumsfür
angewandte Kunst in Wien und ist eine Meisterleistung
des idealistischen Funktionalismus derfrühsecessioni-
stischen Phase. Der wBrettIstilw findet hier seine volle
Entfaltung: das Vorderteil miteiner Lade und zweiTüren
wird von zwei Fichtenbrettern umrahmt. Diese Bretter
sind die Tischfüße und gleichzeitig Seitennischen, in
denen Handtücher aufgehängt werden können. Stöhrs
kolorierte Zeichnung gibt uns Auskunft nicht nur über
die ursprüngliche Farbigkeit des Mobelstückes, son-
dern auch über die ursprüngliche (7) überschwingende
Bekronung mit Spiegel. Sogar der Maßstab des Gegen-
standes und das Verhältnis von Hohe zu Breite sind
angegeben. Hier haben wir es höchstwahrscheinlich
mit einer fertigen Idee zu tun.
Die Zeichnung von einem zweitürigen Kasten auf Qua-
dratrasterpapier ist von anderer Natur (Abb. 16). Die
Türen des Kastens sind mit einem flammenartigen
Muster verziert, die Seitenteile verjüngen sich nach
oben. wo eine schwere Bekrönung das Ganze
abschließt. im Gegensatz dazu sind die drei Kasten, die
aufuns gekommen sind, ausgewogen und streng gehal-
ten (Abb. 10). Die Türen und Seitenteile der Kasten sind
nur teilweise mit Laubsägeintarsien ausgeschmückt.
Für ein solches Laubsägemotivtand sich die Schablone
unter den Werken von Ernst Stöhr (Abb. 11). lhrCharak-
ter ist ebenso in den Vignetten Hoffmanns im Ver
Sacrum zu sehen. Zusätzlich zu diesen Laubsageintar-
sien sind dieTüren mit Kannelierung verziert. Umrahmt
von zwei Brettermdievom unteren Fußzuroberen kanti-
gen Bekrönung durchlaufen, wirkt der Kasten in der
Gesamtform klar umrissen. Die Kastenzeichnungen
von Ernst Stöhr dagegen wirken verspielter: Hoffmanns
Kästen sind mit äußerster Ökonomie der Form geschaf-
fen worden. Dieser Vergleich gibt Auskunft über den
wahren CharakterderZusammenarbeitzwischen Stöhr
und Hoffmann. Stöhrs leicht manierierte Exzesse wer-
den durch Hoffmanns innere Logik der Form gebandigt.
Diese Kasten zeigen eine Klarheit und Strenge, die für
Hoffmanns spätere Entwicklung maßgebend war."
Man erkennt die Zusammenfügung der verschieden-
Anmerkungen 9 - 12
' Sekler. Eduard F., Josef Hoffmann. Residenl-Varlag, Salzburg und
Wien. 1982, Werksvarzeichnis Nl. 3D.
" Sekler. ibld.. WV 68.
H Emst-Swnr-Arcniv. sn. Pbllsn. Slammuseurn, abgebildet mn neunaw
cnev Genehmigung von Prof. m. Karl Gutkas.
" Sskler. w. m. Werksvovzelchnls Nr. 54.
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