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Volltext: Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild: Ungarn, Band 2

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sich als eine Stadt unter einen: Richter constituiren zu dürfen. Der Bescheid Jsabellas 
jedoch war ein ausweichender. Nach zwanzig Jahren erst erreichte die Stadt ihr Ziel, als 
Christof Bathory, Fürst von Siebenbürgen, sämmtliche Bürger von Varad in den Adels 
stand erhob. Auch ein Wappen verlieh er der Stadt; es zeigt über einer offenen goldenen 
Krone einen steigenden, gekrönten Löwen, der mit den Vorderpranken ein langstieliges 
Schlachtbeil hält. Die Festung Varad jedoch und die zu ihr gehörigen Dörfer und Städte 
blieben auch fernerhin in fürstlichem Besitz. 
Groß-Wardein war zu dieser Zeit der Schauplatz von lebhaften Religionsstreitig 
keiten. Die Magyaren, besonders im Umkreise von Debreczin und Groß-Wardein, neigten 
zur Lehre Calvins und bekämpften seit 1559 eigentlich gar nicht mehr die Katholiken, 
sondern die Lutheraner und dann die Unitarier. Eine ihrer denkwürdigsten Disputationen 
mit den letzteren, die auch gleich damals im Druck erschien, ging gerade zu Varad vor sich 
in Gegenwart des Fürsten Johann Sigismund, 1569. 
Als aber Fürst Christof Bathory die Jesuiten nach Varad verpflanzte, bekamen 
wiederum die Katholiken die Oberhand und die Gegensätze arteten am Ostersonntag 1587 
bis zum blutigen Straßenkampf aus. Endlich wurden durch Beschluß des im nächsten Jahre 
zu Meggyes abgehaltenen Reichstages, der die Jesuiten verbannte, die Getreuen Calvins 
Herren der Lage in Groß-Wardein. Ihre Schule, ein Gymnasium, gelangte alsbald zu 
gutem Rufe. Sie stellten nämlich die besten Lehrkräfte an und für arme Schüler ließ die 
Stadt selbst jeden Tag in einem anderen Bürgerhause drei oder vier Schüsseln Speise 
kochen. Hier waren 1580 bis 1583 Peter Pazmany und Peter Alvinczy Schulgenossen, 
welche später, als Vorkämpfer der katholischen, respective protestantischen Grundsätze, eine 
so erbitterte literarische Fehde gegen einander führen sollten. 
Neben der Schule wurde durch Abraham Kertesz von Szencz bald auch eine 
Druckerei errichtet, von deren Publicationen wir etwa hundert kennen, größtentheils in 
ungarischer Sprache. Unter diesen zeichnet sich die Heilige Bibel von Kaspar Käroli durch 
prächtige Ausstattung aus; sie wird nach ihren: Druckorte auch Varader Bibel genannt. 
Alles dies gab der Wissenschaft und nationalen Sprache einen Anstoß zu neuem 
Aufschwung; es enstand eine lebhafte geistige Bewegung, welche durch die von Zeit zu 
Zeit hier abgehaltenen Kirchenversammlungen und den vielfachen Aufenthalt der sieben- 
bürgischen Fürsten und Fürstinnen in Groß-Wardein noch gesteigert wurde. 
Für größere künstlerische Leistungen freilich war diese verstörte, stets von Wafsen 
geklirr wiederhallende Zeit nicht geeignet. Die Fürsten Stefan Bathory und Gabriel 
Bethlen bauten viel in Groß-Wardein, doch beschränkte sich diese Thätigkeit mehr auf die 
Verstärkung der Festuugsmauern und die Erbauung von Palästen innerhalb der Festung. 
In dieser bestand noch die ehrwürdige Domkirche Ladislaus des Heiligen, wenngleich öde
	        
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