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Retables einen hervorragenden Platz behauptet. Der Archäologe wird
zwar fragen, wie Altarflügel in Intarsia zu einem gothischen, holzge
schnitzten Innentheil kommen, wir aber haben mit diesem Punkte hier
nichts zu schaffen und freuen uns an der wackern Ausführung allein. Die
Aussenseiten beider Flügel stellen eine Kirchenbauscene vor, die Vorder
seite des Altartisches sozusagen — das Rosenwunder der h. Elisabeth. Die
Compositionen sind ganz malerisch, mit Perspectiven, Bäumen etc. be
handelt, und man muss zugeben, dass die grossen Schwierigkeiten in
diesem Material äusserst geschickt bewältigt sind. Der Künstler wollte
hier an der Stelle, wo das Mittelalter Gemälde anbrachte, solche in seiner
Technik nachahmen, begnügte sich aber doch wieder, die Darstellungen
braun in braun, nicht bunt zu geben, nur zu deni Gesichtern und Hän
den ist Elfenbein, für Waffen und dergleichen eingelegtes Zink genom
men. Das Ganze empfängt dadurch den Charakter von Fournierungen an
Möbeln des 17., 18. Jahrhunderts, mehr als von eigentlicher Intarsia
arbeit. Zeichnung und Technik verdienen warmes Lob, sowie die An
wendung des Genres zu kirchlichem Mobiliar ganz der historischen Tradi
tion angemessen ist.
Wir möchten die Beschränkung auf zwei, drei Töne der Hölzer,
welche auch in Italien, dem Heimatlande unseres Kunsthandwerkes, die
ursprüngliche Weise war, bei unsern gesammten eingelegten Tischler
arbeiten wieder gewahr werdei^ so lange man in buntfärbigen Holzarten
nichts besseres als jene immer wiederkehrenden styllosen Blumenbouquets
zuwege bringt, welche noch ein Erbtheil des verflossenen Jahrhunderts
sind. Den modernen Künstlern wäre deshalb das Studium des Teirich-
schen Intarsienwerkes angelegentlichst zu empfehlen, in welchem ihnen
durch die phantasievollen Schöpfungen der italienischen Frührenaissance
eine Fundgrube von Motiven geboten, zugleich aber angedeutet wird, in
welcher Weise die Alten mit den einfach gelben Einlagen auf braunem
Fond ganz andere Wirkung zu erzielen wussten, als eine bunte naturali
stische Blume mit allen Schattirungen hervorbringt. Eine solche einfache
Farbenwahl zeigen die schönen Arbeiten, Büffet, Speisetisch und Stühle,
vom Kunsttischler Bernhard Ludwig in Wien. Das erstere hat auf dem
sattbraunen Grund von Nussholz stylvolle Ornamente in Ebenholz und
gelbem, künstlich gefärbtem. Die Ornamente und Trophäen an dem Damen-
secretär sind plastisch gedacht, daher minder entsprechend. Ein zweiter
von Ahorn zeigt auf dem lichten Fond dieses Materials antikisirende
Motive, Palmetten, Maeander, von Rosenholz eingelegt. Die Intarsia auf
griechische Muster angewendet, ist ein neuartiger Versuch; fiel die
Probe hier auch ganz artig aus, so bleibt das eigentliche Bereich der
Technik doch die Renaissance. Diese in ihrer prachtvollsten Entfal
tung, mit' immer wechselnden Motiven, reich und phantasievoll sowie in
der reinsten Formenschönheit repräsentirt der schon genannte Schmuck
kasten von Josef Storck; die Arbeit des Einlegens hat Tischlermeister