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Volltext: Schweden : Weltausstellung 1873 in Wien

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GR. XX. BAS BAUERNHAUS. 
zur Weckung des in dem B^uer schlum 
mernden Schönheitssinnes die Eisenbahnen 
gewirkt zu haben, und zwar nicht allein 
durch ihre Gebäude, welche mit lobens- 
werther Berücksichtigung des Architekto 
nischen aufgeführt sind, sondern auch die 
durch ihnen bereitete Gelegenheit zum Rei 
sen. Auf Ausfahrten, von denen vor den 
Eisenbahnen kaum die Rede gewesen wäre, 
z. B. zum Vergnügen u. dgl., sieht der 
Bauer nun Mancherlei, und unter den lan 
gen Stunden auf den Zügen treffen leicht 
eingehende Gespräche ein mit Personen 
aus den gebildeteren Klassen, welche sich 
gerne dem aufgeräumten, humoristischen 
Bauer mittheilen. 
Die Fortschritte in dem Anbau des 
Landes und auf den Gebieten, die damit 
in unmittelbarem Zusammenhänge stehen, 
müssen als erstaunenswerth selbst für die 
kurze Zeit betrachtet werden, welche die 
Mehrzahl in ihrem Gedächtnisse zu über 
schauen vermag. Zwar lässt sich nicht ver 
hehlen, dass der noch vorhandene, wenn 
auch im Verschwinden begriffene Typus 
des schwedischen Bauerhofes eine Art von 
Abspiegelung des extensiven Landbaues ist: 
die Wirthschaftsgebäude und andere Häuser 
sind klein und elend, während die Wohn 
häuser vergleichsweise gross und prächtig 
sind. Das Hauptgebäude ist die Haupt 
sache; es fällt zuerst in die Augen, gleich 
der Kirche in einer von den kleinen Städten 
des Landes. Der Typus ist, wie gesagt, 
auf dem Rückzuge begriffen, und zwar auf 
einem eilfertigen: in vielen Gegenden ist 
er schon ganz verschwunden, z. B. in der 
Waldgegend des westlichen Nerike und 
deren Nachbarschaft, welche wir jetzt be 
reisen wollen. 
Die Entwickelung hat dasjenige Sta 
dium hervorgerufen, welches früher oder 
später kommen muss, wenn die dehnbare 
Grenzlinie, welche den Bauer von dem Her 
renmann scheidet, undeutlich wird oder gänz 
lich verschwindet; und da wir hier nur 
mehr typische Verhältnisse zu schildern 
suchen, so halten wir uns zu demjenigen, was 
wir die Bauern-Mittelklasse nennen möch 
ten : die Wohnung dieser, der Hof von 
mittlerer Grösse ist derjenige, mit welchem 
wir uns beschäftigen wollen. 
Rückengrathhäuser (Ryggässtuga) mit 
Fenstern auf dem Dache — früher nicht ganz 
selten im Lande — kommen kaum mehr 
vor; eben so wenig diese alten, wahrschein 
lich aus dem Mittelalter (von deren Bur 
gen sie vielleicht eine Erinnerung sind) 
herstammenden Häuser mit einem hervor 
springenden bedeckten Gange, sowie er bei 
der letzten Pariser Exposition von einer 
Copie des aus den Irrfahrten Gustaf Wasa’s 
in Dalarne geschichtlich berühmten Hauses 
auf Ornäs dargestellt wurde. Das jetzige 
Bauernhaus ist von groben zugehauenen Bäu 
men mit kreuzweise hervorstehendem Eck 
verband und enthält zwei Stockwerke. In 
dem unteren sind : Hausflur, Stube und 
Küche; in dem obeVn ebenfalls, dem unte 
ren entsprechend: Hausflur, Nachtstube und 
Küche. Der Eingang in die (ausser in 
seltenen Ausnahmen) immer in einem Dorfe 
belegenen Wohnung ist an die Kante der 
einen Langseite verlegt. Die Richtung der 
jenigen Seite, welche die Fayade bildet, 
folgt^ dem allgemeinen Fahrwege — wenn 
ein solcher vorbei geht —, so dass beide 
parallel werden; wo kein Weg vorhanden 
ist, richtet man sich statt dessen nach dem 
Laufe eines in der Nähe befindlichen Ge 
wässers oder, wo der Boden coupirt ist, nach 
der Erstreckung der Höhen und Thäler; 
sonst hat man, wo möglich, auch in dem 
lalle, da ein Weg die Richtschnur war, 
die Langseite wohl parallel laufend mit 
den Himmelsgegenden, von Norden gegen 
Süden oder von Osten gegen Westen, ver 
legt; doch am liebsten so, dass die Haupt 
seite von der Sonne beschienen wird. 
Wenn man in den Hausflur tritt, so 
kommt man, falls die Treppe zu dem obe 
ren Stockwerk zur Linken ist, durch eine 
Thür zur Rechten in die Stube (Stugan), 
das gemeinschaftliche Alltags- und Schlaf 
zimmer der Familie, gewöhnlich 14—16 
luss lang, und die halbe Länge des Hauses 
einnehmend. Zur rechten Seite der Thür, 
durch welche man in die Stube getreten 
ist, befindet sich der grosse offene Kamin, 
in den meisten Fällen von Graustein; noch 
weiter zur^ Rechten neben dem Kamin ist 
noch eine Thür, welche in die Küche führt. 
Das niedrige Zimmer — der hochgewach 
sene Bauer kann mit der Hand oft die 
Decke erreichen — wird ziemlich schwach 
von nur zwei, bisweilen drei Fenstern mit 
kleinen Scheiben erleuchtet, von denen das 
eine sich an der Vorderseite, das zweite 
an dem Giebel und das dritte, wenn es 
vorhanden ist, an der hinteren Seite des
	        
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