Hummer 12.
Internationale Sammler-Zeitung.
Seite 179.
Radierer non besonderer Begabung spricht hier über die
großen fTleister seiner Kunst. Die nerborgensten Schönheiten
roerden bloßgelegt, das Indioiduelle bei jedem einzelnen
Künstler charakterisiert. 6s steckt oiel Hiebe in diesen losen Ka-
tizen und sie teilt sich dem Eeser mit. Als Großmeister figuriert
hier selbstnerständlich Rembrandt, aber mit einer selbstoer-
gessenenBecounderung spricht Struck oon seinen Zeitgenossen,
non Klinger, Heibl, Hiebermann, Israels, Stauffer, Anders, Zorn
und dem Kleister des Zartesten, Verschleierten Guge'ne Carriere.
Daß die Reproduktionen mit seltenem Geschmack geroählt
wurden, muß nicht erst heroorgehoben roerden. Von öster
reichischen Künstlern sind Unger und Schmußer oertreten.
fig. 1. Das „Porträt einer Reiterin“, oon Professor
Ferdinand Schmußer in Wien, dürfte nach Strucks ITleinung
zu den allergrößten graphischen Arbeiten zählen, die jemals
entstanden sind, 6s ist mit oirtuoser Technik kraftooll in
die Platte geäßt. Der graue Ton, der den größten Teil der
Platte bedeckt, ist durch Kaltnadelbearbeitung erzeugt, roie
Schmußer überhaupt mit Vorliebe ungeschliffene Platten
benüßt und durch stellenroeises Polieren die roirkungs-
oollsten 6ffekte zu erzielen roeiß. für diesen „erblich be
lasteten“ Radierer — er entstammt einer berühmten
Wiener Radiererfamilie — scheint es keinerlei Schmierig
keiten zu geben.
?ig 3. Hermann Struck: Hm öruneroaldsee.
6inen anheimelnden Ruhepunkt im Buche bietet das
eingeschaltete Intermezzo: „Goethe als Radierer“. 6s ist
ein Zitat aus Goethes „Dichtung und Wahrheit.“ Wir er
halten einen Ginblick in das Idyll mit dem Kupferstecher
Stock, roobei Goethe als beflissenster, sauberster Arbeit
hingegebener Schüler und Gehilfe fungierte. Klan empfindet,
mährend man die sonnige Schilderung Goethes liest, das
Glück und all das Ruheoolle jener Stunden,
Das Buch, dem ein einleitendes Gedicht des geist-
oollen Berliner Gssayisten oorangestellt ist, schließt mit
treuherzigen Worten des alten Kleisters Abraham Bosse,
die roie ein bescheidener Abschiedsgruß an den Heser anmuten.
KlitfreundlicherGrlaubnisdesVerlages reproduzieren mir
hier einige der schönsten Abbildungen aus dem Werke Strucks:
Von Klax Hiebermann in Berlin bringen roir die
Radierung „Badende Jungen“ (fig. 2). Wie man roeiß,
hat dieses Problem den Künstler in Gemälden, roie in
der Radierung oft beschäftigt.
Der Hintergrund der Radierung ist ganz zart geäßt
und die Schatten der Jungen am Strande bilden den
kräftigsten Ton. Struck erzählt oon der Technik des
Künstlers: „Hiebermann liebt es, nachdem ein solches Blatt
fertig radiert ist, durch Abdecken mit Hack noch alles
Überflüssige zu entfernen, damit wirklich nur die aller-
notroendigste Andeutung sichtbar bleibt. Und dieses famose
Abdecken oor dem Äßen bildet einen ganz besonderen
Reiz der Radiertechnik. Das Blatt bekommt dadurch eine
große frische und Ginfachheit, mährend, wenn man auf