führung einer complicirten Zeichnung. Diese Gegenstände sind mit styl-
vollem Ornament meist durchbrochen gehalten, in verschiedenfarbigem
Golde ausgeführt und die farbige Wirkung durch Steine und Perlen erhöht.
Selbst kleine Figürchen - eine höchst seltene Erscheinung in der modernen
Bijouterie - sind in zierlichern Relief glücklich hinzugefügt. Wir sehen
in diesen Arbeiten einen ganz entschiedenen Fortschritt auf dem Wege
des Guten, dem wir nur ein entgegenkommendes Verständniss von Seite
des Publicums wünschen.
Aehnliches gilt von den reichen Juwelierarbeiten, mit welchen Moriz
Hendle auf der Weihnachts-Ausstellung erschienen ist. Mit Entschiedenheit!
ist hier der Weg betreten, auch den Diamantschmuck, d. h. denjenigen,
bei welchem der Stein nicht eine zufällige Nebengabe, sondern Ein und
Alles bildet, einer stylvollen Zeichnung zu unterwerfen. Diesen Weg hatte
schon A. Köchert im Gegensatze gegen die ganze bisherige moderne Art
auf unserer Weltausstellung mit grossem Beifalle eingeschlagen. Die bis-
herige Art ging dahin, die Steine möglichst zu häufenfwobei das Wie
eigentlich ziemlich gleichgültig war. Damit aber doch so etwas wie eine
Idee oder Zeichnung dabei sei, legte man irgend ein Motiv der Natur,
wie eine Rose oder eine Blumendolde, oder eine Feder, zu Grunde und
suchte sie in möglichst natürlicher Form zur Darstellung zu bringen.
Selbstverständlich ein vergebliches Bemühen, denn wenn irgend ein Material
für getreue Copirung von PHanzen oder sonst natürlichen Formen unge-
eignet ist, so ist es der Brillant, mit seinem Blitze schiessenden Licht- und _
Farbengefunkel, mit seiner regelmässigen Krystallform. 'Diese unterwirft
sich nicht deninatürlichen Linien und jenes macht es unmöglich, dass
man die Naturbildungen deutlich erkennt. Solche Diamantrosen z. B. sehen
daher auch nur wie gehäufte Steinklumpen aus, bei denen ein Stein den
anderen in seiner Wirkung vielmehr beeinträchtigt als hebt. Die franzö-
sischen Juweliere waren auf unserer Weltausstellung diesem Fehler keines-
wegs entgangen; ihre Motive waren fast durchwegs solcher naturalistischen
Art. Jedoch hatte ihr guter Tact und ihr gutes Auge sie dennoch zu-
weilen auf die richtige Fährte geleitet, indem sie häufig solche Blumen-
oder Pfianzenformen zum Vorbilde genommen hatten, welche an sich regel-
mässig sind. Selbst das unbefangene Laienauge konnte wahrnehmen, dass
klare, einfache, sternförmige Motive bei weitem glücklichere Eifecte auf-
wiesen als z. B. der Kelch mit den gehäuften und unregelmässigen Blättern
der Centifolie.
Diese Beobachtung führte leicht dahin, das wahre künstlerische
Princip des Juwelenschmuckes, seien es nun Diamanten oder farbige Steine,
in klarer, präciser, durchsichtiger Zeichnung zu suchen. Wir können uns
dabei allerdings nicht auf die Vorbilder der Vergangenheit, nicht auf die
Muster einer guten Kunstepoche berufen, da in den Zeiten der edlen
Renaissance der Steinschliff noch nicht zu seiner vollen Ausbildung ge-
kommen war. Er gehört wesentlich der Neuzeit an und ihre Aufgabe
ist es daher, auch das Kunstprincip für ihn zu suchen. Was das siebzehnte
und achtzehnte Jahrhundert im eigentlichen Brillantschmuck schufen, ist
meist wiederholt urngefasst worden. Aber was davon unverändert geblieben,
lässt im Vereine mit den nicht seltenen in Kupfer gestochenen Juwelier-
zeichnungen erkennen, dass die früheren Juweliere, zumal auch die der
Rococozeit, die Steine selbstständiger, isolirter behandelten, mehr von ein-
ander trennten als die heutigen, die sie, in vermeintlicher Absicht, die
Wirkung zu verstärken, in Klumpen zu häufen trachten. Sind diese Zeich-
nungen der Rococozeit auch nicht eigentlich schön zu nennen, so sind
sie doch viel glücklicher gedacht, um das Feuer des Steines in volle
Wirkung zu setzen, als es die heutigen in der Regel sind.
Bei der ausserordentlichen Collection von M. Hendle lässt sich diese
Beobachtung sehr gut wiederholen. Es giebt auch naturalistisch gehaltene
Arbeiten von der getadelten Art darunter, z. B. eine Rose mit einem
grün emaillirten Blatte daran, auf welchem ein Thautropfen in Gestalt
eines Diamanten sitzt. Das Stück behagt dem Geschmacke des profanum
vulgus, das solche tiefsinnige nldeenu leicht versteht und in diesem Ver-
ständniss Befriedigung fühlt, wenn es künstlerische Form und künstlerische
Wirkung nicht zu beurtheilen weiss. In der That aber ist gerade dieses
Stück verfehlt; die Rose ist wirkungslos, die Form unklar und das trans-
parent emaillirte grüne Blatt dem Effect eher schädlich als nützlich.
Welche feine und gelungene, selbst strahlende Wirkung machen
dagegen andere der Schmuckarbeiten Hendle's, denen eine klare, bestimmte,
regelrnässige Zeichnung zu Grunde liegt. Wir nennen hier in erster Linie
das Diamanten-Halsband mit dem eben so einfachen wie stylvollen Farren-
krautmotiv. Wie schön und zweckmässig ist es geschaffen, den antiken
Colliers gleich, sich an Hals und Büste anzulegen! Eine ganze Reihe
reizender medaillonartiger Gehänge machten die XVahl schwer, wenn man
sie hätte. In sehr entsprechender Weise sind bei ihnen die vollen Glieder
durch andere getrennt, welche ornamental durchbrochen gehalten sind.
Dadurch kommen Ruhe und Gesetz in das seiner Natur nach so unruhige
Material. Mit vielem Glück sind auch Perlen von seltener Grösse und
Schönheit mitten unter den Brillanten verwendet, eine Aufgabe von nicht
geringer Schwierigkeit, wenn sie wirklich künstlerisch befriedigend gelöst
werden soll. Aehnliches gilt von der Anwendung anderer farbigen Steine,
z. B. von Smaragden und Saphiren, die man gewöhnlich überwältigt und
in ihrer eigenen Schönheit getödtet sieht von dem umgebenden Gefunkel
der Diamanten. Unter den Ohrgehängen haben wir mit Vergnügen auch
etwas "gesehen, was nicht da ist": wir bemerken ausdrücklich die Abwe-
senheit von Beispielen jener unsäglich hässlichen Mode, welche einen
Stein oder eine Perle direct in das Ohrläppchen setzt, als ob sie ein
Auswuchs in demselben seien.
Noch andere Aussteller vertreten den Schmuck, allerdings in minder
kostbarer und auch minder künstlerischer Weise. Die Herren: Augustin