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Da sehen wir denn zunächst Hüon in
den Wald reiten, um seine abenteuer-
liche Reise um des Kalifen Bart und
Zähne zu beginnen. Dann folgt die
grosse Scene der Begegnung mit
Oberon, dessen Wunderhom die
Mönche und Nonnen zum Tanzen
bringt. Hierauf Hüons Aufenthalt bei
der tunesischen Prinzessin, die ihn
durch Musik und Ballet zu unter-
halten sucht. Sodann der l-Ieimritt des
Geprüften, mit seiner Rezia und gros-
sem Gefolge. Schliesslich noch ein
Schmalbild: I-Iüon und Rezia als glück-
liche Eltern mit dem Söhnlein Hüon-
net. Der Künstler warwohl anderthalb
Jahre mit grössterAusdauer am Werke
und hat sich gründliches Modell-
studium nicht verdriessen lassen. Der
Geist seiner zierlichen, dabei pikanten
Zeichnung und des luftigen, moder-
nen Colorits ist der nämliche, der
seine hübschen Bilder in der ersten
Secessionsausstellung („Der Wind"
und andere) belebte. Aber auch für
den populären Humor seiner Gemüths-
art ist Raum, zum Beispiel bei Schil-
derung des Mönchs- und Nonnen-
tanzes, dessen gemächliche Embon-
points in so unerwünschten Aufruhr
gerathen. Die munteren Gruppen
haben überall ruhige, teppichartig
wirkende Hintergründe: der Kloster-
tanz, den Kreuzgang eines romanischen
Klosters, die Scene bei der Prinzessin,
, _ _ eine alhambrische Architektur, der
Eine ideale Ofiicierswohnung, Tapete ausdemBoudoir Heimritts einen grünen Wald mit
grauen und weissen Stämmen. Dabei
sind gewisse Theile dieser Hintergründe, zum Beispiel ein bunter Azulejos-Streifen des
maurischenBaues, zu friesartiger Wirkung im Saale selbst verwendet, während Bäume
mit bunten Vögeln sich ungezwungen als Supraporten nützlich machen. Die heitere
Wirkung des Ganzen wird noch durch das verwendete helle Gold erhöht. Die vielen
Schmucksachen, einzelne Riistungsstücke, Waffen, Harfen, auch ein Theil des Vogel-
geiieders sind vergoldet, und zwar auf plastisch aufgetragenem Gips, was die Decoration um
eine Pikanterie bereichert. Die Malerei selbst ist in Tempera auf dem Mauergrund aus-
geführt, dünn und prima, in grossen Flächen, die aber doch viel Modulation, auch im
Nackten, gestatten. Überhaupt ist viel künstlerische Feinschmeckerei in dem ganzen
Werke, in aparten Pointirungen der Form, wie in den interessanten Freilichtfarben, mit
blauem Schwarz und dergleichen Prismatik. Natürlich fehlt es auch an Porträts aus dem
häuslichen Kreise nicht; auch der Künstler selbst marschiert im Geleite Hüons und
Rezias mit. Die schöne Arbeit gehört jedenfalls zu den Hauptleistungen der Wiener
Modernen.