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Volltext: Monatszeitschrift VIII (1905 / Heft 11)

schönen Metope der Südseite des Parthenons und später ähnlich in den 
Kentaurenkämpfen des Frieses von Phigalia. Kompositionen, welche denen 
der Schale ganz gleich wären, lassen sich in der großen Plastik aber nicht 
nachweisen. Nirgend anderswo ist die Tracht des Gottes, der Gurt, die 
Säume, die Schulterstücke der fein gefältelten Tunica, die gestickten Streifen 
der engen Beinkleider so sorgfältig und reich behandelt; die phrygische 
Mütze ist höher als sonst und aus einem steifen, mit Längsstreifen ver- 
sehenen Stoff geformt. Es sprechen keinerlei stilistische Bedenken dagegen, 
die Schale, entsprechend der Form und dem Stoffe der Zeit des Septimius 
Severus oder den nächstfolgenden Jahrzehnten zuzuweisen. 
Aus der Form, der Verzierung und den Fundumständen der Schale geht 
hervor, daß sie Kultuszwecken diente. Visconti versuchte ihre Bestimmung 
durch den Hinweis auf ein von de Rossi (bull. arc: crist: II. seria anno IV 162) 
veröffentlichtes Mithras-Relief zu erklären, das ein Gastmahl enthält und 
vermutet, daß sie bei einem solchen, den letzten Grad der Einweihungs- 
zeremonien darstellenden Akte verwendet worden sei. Gastmäler kommen 
auf Mithras-Reliefs in der Umrahmung des Hauptbildes, der Tötung des 
Stieres, sehr oft vor, aber nicht immer an letzter Stelle der Szenen, wie in 
jenem Relief und dem von Osterburken. An diesem Gastmal nehmen 
gewöhnlich zwei Personen mit Trinkschalen in den Händen teil, auf dem 
Bilde von Osterburken hat eine ein Trinkhorn, auf dem von Sarmisegethusa 
alle beide. (Abgebildet bei Cumont, monuments de Mithra Nr. 16g.) Man 
hält sie für Mithras und Sol, welche hier ihr Versöhnungsfest feiern, wobei 
auf einem Relief in Bologna eine unbekannte dritte Person assistiert. Die 
Szene bestärkte Tertullian in seinem Glauben, daß man im Mithras-Dienste 
Ablaß der Sünden durch die Taufe lehrte, das Opfer des Brodes kannte und 
andere christliche Gebräuche, ebenso wie im Orpheus-Dienste adoptierte, um 
der neuen Lehre Konkurrenz zu machen." Aber was ihm und anderen 
Kirchenlehrern als eine frivole Nachäffung des christlichen Abendmales, der 
Kommunion erschien, war in Wahrheit nichts als die uralte indogermanische 
Sitte der Götterbewirtung, welche auch im Dionysos-Kultus vorkommt, den 
Persern bekannt war und sich von diesen in den Mys teriendienst des Mithras 
und Orpheus verbreitet hatte." Bei ihr wurden den (unsichtbaren) Göttern 
Speisen auf kostbar ausgestatteten Schüsseln vorgesetzt. Eine solche hat 
man in der Mithras-Schüssel aus Sigillata zu erblicken. Sie hat nicht als Trink- 
gefäß bei einem Gastmal gedient, dazu war sie zu flach und auch durch 
ihre Dekoration wenig geeignet, sondern zur Aufnahme eines Schaugerichtes, 
das im Heiligtum für den Gott bereitgestellt wurde. 
Die andere Schale bildet das Hauptstück der Sigillatensammlung des 
Museums Wallraf-Richartz in Cöln und ist bisher noch nicht veröffentlicht. 
Sie besteht gleichfalls aus hellem, nach der Mitte zu ziemlich dickwandigem 
Material, das unglasiert, jedoch sorgfältig poliert ist und hat bei einem 
"' Tertullian praescr. haeret. 40. 
"i" E. Maaß, Orpheus. S. 52 f.
	        
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