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Lewitzki kam nie aus seinem Vaterlande fort. Bei seinem Schüler Borowikowsky
wird manches in seinem Zusammenhang mit der gleichzeitigen Kunst erklärlicher, denn
er war auch ein Schüler Lampis. Und an die Miniatunnalerei erinnert vielfach seine
schmeichlerische Frauenbehandlung, seine zärtliche Drapierung mit wehendem Florschal,
seine Perlengehänge, das Flaumige des Teints, das schmachtende Blaß der Seidenstoffe.
Er ist aber auch ein brillanter Charakteristiken Seine Katharina im Vordergrund einer
steifen steilen Parkperspektive mit einem Obelisken, in breitem blauen Kleid voll spielender
Lichter, den gebieterischen Stock in der Hand und dem strengen Herrengesicht, wirkt
imposant; friederizianisch könnte man sagen.
Ein Watteau-Temperament ist Stschedrin. Sein Springbrunnen im Park von Peterhof
ist bestrickend in der hellen malerischen Musik der silbrig rieselnden Fontäne auf dem
Hintergrund des Naturtheaters voll weichen schwimmenden Grüns der Laubwipfel.
„Zum Entzücken gar" sind die russischen Biedermeiereien. Die Interieurs von Peter
Wedenetzky und Kapiton Zelenzow. Das sind die Originalsümmungen, in die nachfuhlend
heute Somoff und Walser tauchen.
Somoff ist selbst hier reich und gut vertreten mit seinen fein gehauchten Echos du
tempe passe und auch mit angewandter Kunst, mit grazilen Porzellanstatuetten, hergestellt
in der Petersburger kaiserlichen Manufaktur.
Von anderen lebenden Gegenwartskünstlern trifft man den uns bekannten Maliawin,
dessen malerische Fanfare „Das Gelächter", in ihrer schmetternden Koloristik sehr ein-
prägsam war. Seine Bäuerinnen in rotgellendem Gewand mit Stickereien gleich flackernden
Feuerblumen verraten unzweifelhaft ihren Urheber.
In der russischen Gegenwart entdeckt man viel Können, eine Virtuosität, alle tech-
nischen Sprachen mitzureden - Kosmopolis. Es gibt russische Japaner, Moneis und Manets,
Beardsleys, Goghs, Maillols, Brangwyns. Überwiegend scheinen die dekorativen
Temperamente, die Stil-Amateure. VielBühnenszenerien und Figurinen sieht man, Rokoko-
und Empirephantasien, Kostümentwürfe, tout comme chez nous.
Ein Geschmackstemperament, an Vuillard erinnemd, doch selbständig, ist Tatjana
Lugowskoi, mit ihren petites filles-Bildem: Pensionärinnen zwischen weißen Mädchen-
stubenmöbeln, in lila und grünen Kleidchen, uniform aufmarschiert. Eine Stimmung wie
in Wedekinds Mine-I-Iaha, und dabei von farbiger Gourmandise.
Feinschmeckerisch in ihren tönigen I-Iarmonien sind die Porträte von Valentin Serow,
famos der junge Graf, vor den weißen Hund gestellt.
Schließlich gibt es auch Skulpturen und Objets d'art, viel Keramik, von impressio-
nistischem Griff der Modellierung, frappante Masken und Tierornamente (an Carries
erinnernd), seltsame ethnographische Legendenfiguren, Gogols Phantasien und Gestalten
zu dekorativen Grotesken gebildet. Felix Poppenberg
IETZTE ZUFLUCI-IT - VON JOSEF BREITKOPF-COSEL. Der Bildhauer
Josef Breitkopf-Cosel gehört zu den jüngeren Künstlern Berlins. Geboren in Ober-
schlesien an der österreichischen Grenze, hat er zuerst in Gleiwitz bei einem Bildschnitzer
(Münchener Schule), der meist für Kirchen arbeitete, gelernt. Später arbeitete er längere
Zeit in verschiedenen Städten. Mehrere Preise und Diplome, die ihm verliehen wurden,
gaben den Anlaß zu einem mehrjährigen Studium in Berlin. Einige Jahre hat er dann in
Berliner Ateliers an Denkmälern mitgearbeitet sowie auch an den bildhauerischen
Arbeiten im Innern des Reichstagsgebäudes, Abgeordnetenhauses und des Palazzo
Caffarelli in Rom. In den Jahren xgoo bis xgo3 leitete er in der Kunstgewerbeschule
zu Charlottenburg die Bildhauerklasse. In seinem eigenen Atelier hat Breitkopf mannig-
fache künstlerische Arbeiten ausgeführt. Werke von ihm waren auf den großen Berliner
Kunstausstellungen sowie auf anderen Kunstausstellungen vertreten; die Städte Breslau,
Tarnowitz, Charlottenburg, Festenberg, Kolonie Grunewald besitzen von ihm Arbeiten.
Sein neuestes Werk ist „Letzte Zuflucht", das in griechischem Marmor ausgeführt