VIII.
Erwerbungen des Museums.
Die Hauptthätigkeit der Direction war im Jnhre 1867 auf die Pariser Ausstellung
und die dort anzustrebenden Erwerbungen gerichtet.
Die Direction des ästerr. Museums hntte von Beginn der Ausstellung an nicht ver-
fehlt ihr Augenmerk nuf die Pariser Ausstellung als eine güinstige, ja in ihrer Art einzige
Gelegenheit zu richten, für die Sammlungen des Museums besonders werthvolle Erwerbungen
zu machen. Sie war deshalb nach Thunlichkc-it bemüht, eine Zeitlang vorher minder wichtig
und dringend erscheinende Ankäufe zurückzuhalten, um so für den verflossenen Sommer eine
verfügbare Summe bereit zu halten. Diese konnte natürlich, da ohnehin dasjenige, was dem
Museum von seiner Dotation zu Ankäufen übrig bleibt, nach lrlsssgabe des Bedürfnisses
wenig genug ist, nur gering ausfallen und stand in keinem Verhältnisse weder zu den
Wünschen der Direction, [noch zu der Menge, Grösse und Bedeutung der Gegenstände,
welche zur Wahl standen und kiiutlich waren. Die Munificenz Sr. Majestät war
es aber, welche auf die Bitte des Curatoriums eine Summe von 20.003 d.
in Silber zum Zwecke der Ankäufe auf derPariser Ausstellung überwies.
Mit dieser Summe konnten allerdings Erwerbungen gemacht werden, welche die Summ-
lnngen wesentlich ergänzten und sie in einer ausserordentlich erhöhten Weise der öffent-
lichen Verwerthung nutzbar machten. Glückliche Umstände und die Vermittlung von
Freunden und Gönnern des Museums kamen dazu und bewirkten nicht blos verschiedent-
lich die Ermüssigung der Kaufpreise, sondern verschaliten auch überaus ansehnliche und
werthvnlle Geschenke, die in der Summe der gesammten Erwerbungen dieses Jahres einen
bedeutenden Factor bilden.
Was die Gegenstände selbst nach ihrer Art und Beschaffenheit betridt, so umfassen
sie so ziemlich alle Zweige, welche im System der Sammlungen vertreten sind. Es wurde
nnch vorausgegangener Berathung im Curatorium eine Art von Plan zu Grunde gelegt,
bei welchem jene Zweige der Kunstindnstrie, welche looal und für Oesterreich überhaupt
vorzugsweise wichtig sind, eine besondere Berücksichtigung fanden. Es betheiligten sich
auch bei den Ankliufen freundlichst mehrere der Herren Curntoren so wie auch verschie-
dene Fachmänner, die hie und da selbst die Auswahl trafen oder unter deren Beirsth sie
vollzogen wurde. Der Secrettlr des Museums Dr. Than tiihrte die Ankäufe aus.
Folgen wir in der Aufzählung der Erwerbungen der Reihenfolge des Systems, die
von dem Einfachsten ihren Ausgang nimmt, so haben wir als Grundlage der textilen Kunst
zuerst die Geflechte. In diesem Industriezweige hatte Portugal besonders interessante
Matten und Decken ausgestellt, deren directe Sendung aus Portugal noch im Museum er-
wartet wird. Kleinere Strohgeßechte in grösserer Zahl mit meist rothen Ornamenten
durchzogen, desgleichen Korbgeßechte enthält die grosse Schenkung indischer Original-
gegenstänxle, welche das Museum der freundlichen Vermittelung des Hen-n Dowlenns,
Vicepräsidenten des Mnnicipalrathes von Calcutta und königlichen Comrnissiirs für die in-
dische Ausstellung, verdankt.
Den bedeutendsten Theil der gedachten Schenkung und zugleich überhaupt den
anziehendsten in der ganzen indischen Industrie bilden - die Gewebe, darunter eine
grosse Ansuhl von Mustern jener kostbaren, prachtvollen Gold- und. Silherstnde, die als
wahrhaft mustcrgiltig zu betrachten sind; sodann dessinirte Gewebe in Seide, Wolle, Baum-
wolle, reichere, wie einfachere Arten; Stickereien in Gold, in weisser und farbiger Seide,
auf Leinwand; Schleier und mousselinaltige Gewebe. - Zur Vermehrung dieses Zweiges
der Sammlungen dient ferner eine Collection tunisischer, marokkanischen algierischer und
egyptischer Gewebe, die alle, im Charakter des Orientalismus, durch Farbe und Ornamen-
tation ihr Interesse haben.
Die egyptischen Stoffe rühren aus einer durch Herrn Edmund, Comrnisslir der
egyptischen Ausstellung, vermittelten Schenkung des Vicekönigs her; die übrigen sind
gekauft. Aus der türkischen Abtheilung wurden besonders kleinere Stickereien erworben,
desgleichen aus der chinesischen und japanischen. Von Persien wurde eine tarnbourirte
Mosaikdecke erworben, aus der russischen Abtheilnng ein Paar tscherkessische, wahr-
scheinlich unter persischem Kunsteindnss entstandene gestickte Decken, davon die eine
mit Gold und farbiger Seide auf Sammetgrund mit einigen Stücken ihresgleichen das
Schönste war, was die Ausstellung in ihrer Art darbot.
Ferner wurden Tnp eten oder vielmehr Wanddecorationen verschiedener Art
von neuer eumpäischer Erfindung erworben. Die schönsten englischen Tapeten, darunter
eine von Owen Jones gezeichnet und bei Jeffreys und Camp. ausgeführt, wurden ihr
von den Fabrikanten als Geschenk zu Theil. Ein Musterbeispiel der französischen Art
wurde von Heck geltend. Unter den englischen bctinden sich auch Imitationen der alten
Ledertapeten mit starkem Relicfdrnck in einer Art Pnpicrlnuchä ausgeführt.