Jeanne d'Evreux von 133g, zeigt
die einfache Vertiefung der Falten-
linien, die den Charakter des älte-
sten datierbaren Stückes, des um
1290 gefertigten Kelches in Assisi
bedingen. Den Gegensatz, der durch
subtilstes Flachrelief erreicht wird,
bildet das um 1450 anzusetzende
Kreuz des Pollajuolo, dem wir in
Figur x6 ein Stück bei Figdor substi-
tuieren. Technisch und zeitlich fast
in der Mitte steht Figur 15 vom
Reliquiar San Savino in Orvieto.
Entwicklungsgeschichtlich be-
trachtet ist das Email auf Tiefschnitt
eine Fortsetzung und eine VerfeL Figur x7. NanGr. Vorderseite (Sammlung Figdor)
nerung des Grubenschmelzes, und kein wichtiges Denkmal zeigt es deutlicher
als die Emails am Sockel der Madonna der Königin Jeanne düävreux.
Da die ältesten Denkmäler in Italien vorkommen, scheint dieses Email der
italienische Ausdruck des in Deutschland und Frankreich im Grubenschmelz
niedergelegten Kunstwollens zu sein. Daß die Technik schon sehr früh von
Italien an den Oberrhein gelangt ist, schließt man aus einem Reliquiar des
beginnenden XIV. Jahrhunderts, welches auf Speier und das Kloster Lichten-
thal in Baden weist. Zwingend kann man aber nicht beweisen, daß es eine
deutsche Arbeit ist. Ebenso kann man es von zwei Marienfiguren kölnischen
Charakters, der einen im British-, der anderen im Victoria and Albert Museum
zu London, nur dem Stile nach behaupten. In die offene Lücke tritt ein Fig-
dorsches Medaillon ein, denn es trägt eine deutsche Inschrift. Auf der Vorder-
seite, Farbentafel I und Figur I7, steht Maria, das Kind auf dem Arm, das
etwa in der Weise wie auf der Maria mit der Erbsenblüte in Köln nach dem
Gesicht der Mutter greift. Sie ist von vier Engeln umgeben, welche vier
Spruchbänder in den Händen halten:
FROV - SHIITT - YIZHRIH - ICh - BIT] er DICh DlIRCh - DER - GHGGL - GG i SHIIG -
IIIIAH - DES - DICI: - DER [ +1 RITTER - BIT - VDI) - GR-SIIT-IIIT
Diese Lesung ist nicht ganz entsprechend, denn der erste Buchstabe,
den ich als Fnehme, ist zweifellos ein A, aber es wäre nicht das erste Mal, daß
sich ein mittelalterlicher Goldschmied bei Wiedergabe einer Inschrift geirrt
hätte, und auch der Maler Krodel, dessen vortreflliches, 1570 datiertes Werk wir
weiterhin reproduzieren, hat es nicht fertig gebracht, das Wort „Psalm" richtig
zu schreiben. Die von anderer Seite vorgeschlagene Lesung A(NGELORUM)
R(EGINA) O V(IRGO) möchte ich um so weniger akzeptieren, als sie mir
ungewohnt klingt, während die Mischung von Deutsch und Lateinisch nichts
Ungewohntes für die Entstehungszeit des Stückes hat, ja sogar ganz dieselbe
Formel „Frovwa Sancta Maria" im XII. Jahrhundert nachzuweisen ist.