Zahlreiche Beispiele solcher moderner Gartenkunst sind im Gefolge der
neuen-Probleme der Gartenstädte und des Einfamilienhauses entstanden;
wenn sie oft zu dürftig ausgefallen sind, so darf man nicht vergessen, daß jeder
Garten einige Jahre braucht, um das zu werden, was der Gärtner beabsichtigt
hat. Man konnte bemerken, daß der moderne Gärtner sich nur ausnahms-
weise der Schere bedienen will. In der Tat findet sich bei richtiger Auswahl
bald die Form, die man in einem bestimmten Falle braucht, ohne Zuhilfe-
nahme gewaltsamer Mittel. Überdies schmiegen sich die zahlreichen Schling-
gewächse an jede gegebene Form, während Blumenkübel, über Brüstungen
und Mauern herabfallende blühende Sträucher und an Stabwerk empor-
wachsende KletterpHanzen zahlreiche Mittel an die Hand geben, Architektur
und Pfianzenwuchs harmonisch ineinander überzuleiten. Eine prinzipielle
Gegnerschaft gegen architektonisch zugeschnittene Pflanzen soll damit nicht
zum Ausdruck kommen, vielmehr ist zuzugeben, daß es Fälle gibt, wo solche
vollkommen am Platze sind.
Nicht mit Unrecht legt die Gegenwart auf das Stimmungselement in der
Kunst großen Wert. In Wohn- und Empfangsräumen, im Gemälde wie in
der Architektur verlangt sie Stimmung und weiß sie auch herbeizuführen.
Nur für die Bedingungen, unter denen der Garten stimmungsvoll wirkt, fehlt
noch vielfach das rechte Verständnis. Halten wir uns aber einerseits an die
Lehren, die uns die Vergangenheit gibt, und verlieren wir dabei die
Anforderungen der Gegenwart nicht aus den Augen, dann ergeben sich die
viel berufenen „Stimmungen" von selbst. Die Stimmungen sind ja nicht außer
uns, die Stimmungen sind wir selbst, und wir brauchen nur nicht durch Bös-
willigkeit, das heißt in diesem Falle durch Unkunst verstimmt zu werden,
um uns ihnen willig hingeben zu können. Wir suchen Ruhe und Erholung,
und wir suchen noch mehr als im Hause, wo oft auch das Nützlichkeits-
moment störend wirkt, im Garten die Schönheit. Eine unendliche Fülle von
Mitteln erlaubt uns das Gartenproblem bis zu phantastischer Höhe und
Großartigkeit zu steigern oder bis auf die einfachsten und dennoch reizvollen
Formen des Alltäglichen herabzustimmen.
Wir haben nur die Prinzipien einer modernen Gartenkunst zu erörtern
gehabt, in das Detail einzugehen ist Sache der Künstler und der Gärtner.
Der Künstler, der die Gegenwart mit allen ihren neuen Forderungen und
Bedingungen versteht und der es begreift, daß der Garten jederzeit auf das
innigste mit den jeweiligen sozialen Verhältnissen verbunden war und aus
ihnen hervorgegangen ist, und der moderne Gärtner, der heute über einen
fast unübersehbaren Reichtum an PHanzen verfügt, die beiden müssen
gemeinsam arbeiten. Nie aber sollte die Gegenwart vergessen, daß der
heutige Gärtner in der Regel kein Künstler und der heutige Künstler kein
Gärtner ist. Nur ein einträchtiges, verständnisvolles Zusammenwirken, für
das wir ja auf andern Kunstgebieten die mannigfachsten Beispiele haben,
kann zum Ziele führen.