Löwen; in der erhobenen Rechten hält er das Pedum, in der am Körper
anliegenden Linken das Missale. Sein Kopf ist tief in ein untergebreitetes
dickes Kissen eingesunken. Oberhalb des Kissens halten zwei Engel das
Stiftswappen. Neben dem einen Löwen sieht man die verstümmelte Figur
eines Männchens, dessen jetzt abgebrochene Linke nach dem Schafte des
Pedums griff. Das linke (Fuß-) Ende der Platte bildet eine Schräge mit vier
Wappenschildchen, zwischen denen ein Hündchen kauert. '
An dem Grabsteine des Propstes Petrus begegnen wir einer ähnlichen
Mischung oder ähnlichem Zwiespalt alter und neuer Elemente wie am Grab-
stein des Abtes Simon Farcher in Seeon, jedoch ist der Einschlag moderner
Motive entschieden überwiegender, als es auf den ersten Blick erscheinen
möchte. Dieser würde uns allein auf Grund der stark nach links ausge-
bogenen Körperhaltung und der harten Modellierung des Kopfes das Werk
dem Ende des XIV. Jahrhunderts einreihen heißen. Unverkennbar den Stil des
frühen XV. Jahrhunderts weisen aber Einzelheiten auf, wie zum Beispiel die
breit über die Brust sich legenden Falten der Casula, die ebenso ein sorg-
sames Studium der Natur zur Voraussetzung haben mußten, wie die breiten
Stickereistreifen der Casula und die reiche Inful. Ganz dem XVJahrhundert
entspricht auch die Behandlung der Längsfalten, die in breiten Wellenlinien
vom erhobenen rechten Arm herniederwallen und sich auch, zwar noch in
weichen, aber wesentlich gemäßigteren Linien, über die Füße legen. Vor
allem aber fesselt uns der Kopf des Propstes, der dem Farcher gegen-
über das siegreiche Vordringen des Porträtismus zeigt.
Zwiefaches schwebte dem tüchtigen Meister als Aufgabe und Ziel vor.
Zunächst wollte er ein getreues Bildnis des Propstes schaffen, aber - und
darin liegt das zweite wichtigere Moment seines Problems - nicht den
Lebendigen wollte er schildern, sondern den im TodeVerblichenen. Der letzte
Teil des Themas bietet im Bereiche der Salzburger Kunst etwas Neues, bis
dahin völlig Unbekanntes (Abb. 24). Der Künstler geriet hier in ein Dilemma,
denn, wie wir sehen werden, ließ der Propst seine Grabplatte schon zu seinen
Lebzeiten meißeln, so daß also die Aufgabe in Wirklichkeit lautete: Über
das Bild des Lebens den Hauch des Todes zu breiten. So entlehnte der Stein-
metz dem warmen pulsierenden Leben alle die einzelnen charakteristischen
Züge, die gefurchte Stirne, die flachen Schläfen, die hohen Augenbogen, die
wohlgeformte Nase, kurzum alle das Werk zu einem streng individualisierten
Porträt stempelnden Faktoren, die er nicht, etwa wie Hans I-Ieider bei dem
Bildnis Farchers, in allgemeiner Form skizzierte, sondern denen er mit spüren-
dem Auge in ihren Detailformen nachging. Dem so dem Leben und der Wirk-
lichkeit abgeschriebenen Bilde prägte er die nur im Geiste erschauten Züge
des Todes ein. Tief eingesunken in die Höhlen sind die im Schlafe geschlos-
senen kugeligen Augen mit ihren dünnen, feingeschnittenen Lidern, schlaff
scheint die I-Iaut über den Backenknochen zu lagern, und kraftlos haben sich
die Mundwinkel nach unten verzogen. So schildert in durchaus glaubhafter
Art der Meister des Todes Abglanz auf den Zügen des Lebens, wahr und