oder unter den besonderen Gesichtspuncten für ein neu zu gründendes
Museum, wie das in Wien, empfiehlt. Die Auswahl war fast eine absolut
freie; es waren höchstens aus Rücksicht auf die Interessen des Verkäufers
einige Caprieen des Kunsthandels zu schonen, aber kein irgendwie wesent-
licher höherer Gesichtspunct zu opfern; das Vorzügliche ist fast ausnahms-
los in die Auswahl aufgenommen und dieselbe repräsentirt das Ganze in
den am meisten charakteristischen Proben.
Die überhaupt in Caere vorkommenden Stylarten sind wohl vollständig
vertreten. Gefasse von wirklich echter, alt-korinthischer Technik kamen
in Etrurien nur ganz ausnahmsweise vor. Drei kleine kugelförmige Oel-
tläschchen (Nr. 1-3), eines mit einem Namen, genügen aber, den Unter-
schied des Originalen vor der antiken Nachahmung darzulegen, wie sie in
einigen ähnlichen kleinen und in zwei grösseren Giessgefässen (Nr. 5 u. 6)
vorliegt. _ Eine besondere Kategorie bilden die sogenannten korinthisch-
cäretanischen Gefasse, die als wahrscheinlich in späterer Zeit in Caere selbst
gefertigt sind - eine Kategorie, die hauptsächlich und ziemlich aussehliess-
lieh aus einer Abtheilung des Camyanavlschen Museums, jetzt in Paris, he-
kannt ist. Von zwei Hydrien (Nr. 8 u. 9) muss namentlich die eine (Herkules
und Busiris) als ein besonders ausgezeichnetes Spccimen dieser Gattung
bezeichnet werden.
Der in der historischen Entwickelung folgende Styl der schwarzen
Figuren auf gelbem oder rothem Grunde ist auch äusserlich glänzend ver-
treten durch ein sehr grosses kelchartiges (Nr. 10), ein derlei bauchiges
Mischgefass (Nr. 18), eine grosse Amphore (Nr. 17), eine schöne Hydria
(Nr. 16), an welche sich noch mehrere grössere und kleinere, mit Rück-
sicht auf Fonn, Ornamentik und Gegenstände ausgewählte Getässe an-
schliessen. Mehrfache Abarten des gewöhnlichen Styls zeigen sich in den
drei Stücken aus der eigenthümlichen Fabrik des Nikosthenes (Nr. 31, 33),
in Nr. 34 und besonders in der interessanten Vase mit Dike und Adikia
(Nr. 35), auf welcher rothe und schwarze Figuren vereinigt sind. Einer
anderen, der sogenannten tyrrhenischen Fabrication gehören zwei Hydrien
an (Nr. 28 u. 29); andere Varietäten bieten die Nummern 7, ll," 30.
In den rothtigurigen Vasen lässt sich der Fortschritt von strengereln
zu freierem Styl in verschiedenen Abstufungen verfolgen, namentlich an
folgenden gewählten, zum Theil höchst ausgezeichneten Hauptstücken: der
Lösung Hektofs (Nr. 36), dem Tode des Aegisthos (Nr. 37), Apollo und
Diana (Nr. 39), dem Sphinxorakel (Nr. 42), Boreas und Orcithyia (Nr. 43),
Argos Pauoptes (Nr. 44), Apollo, Diana und Merkur (Nr. 4-5), daneben noch
eine Reihe zweiten Ranges. Sehr eigenthümlich ist das an gross-griechische
Technik erinnernde Getäss (Nr. 56), welches zwischen eigentlich griechi-
scher und provinciell etrnskischer Fabrication gewissennassen die Mitte
hält. Für die letztere ist in Technik und Darstellung besonders charak-
teristisch die Olla (Nr. 57), dazu eine Amphora und einige den äussersten
Verfall bezeichnende Proben.
In analoger Weise lässt sich die stylistische Entwickelung von der
ältesten zur jüngsten Zeit an einer Reihe von Trinkschalen verfolgen, unter
denen eine von Hieron (Nr. 48) und namentlich zwei ausgezeichnete von
Duros (Nr. 46 u. 47) hervorzuheben sind.
Zur Ergänzung dieser aus grösseren Vasen gebildeten Gruppen dient
noch eine Reihe meist sehr kleiner Geüisse, die namentlich durch Mannig-
faltigkeit der Form und Zierlichkeit der Technik sich auszeichnen. Eine
hervorragende Stelle nimnit unter ihnen ein Trinkgefass in Gestalt eines
Mohrenkopfes ein. Dr. H. Brunn.
Die Sammlung von Webereien und Stickereien im öster-
reichischen Museum ').
(Früher Eigenthum des Cenonicus Dr. Bock in Aachen.)
Es ist mit dieser nachgerade unter allen Archäologen und Kennern
Europe's berühmt gewordenen Samiuhmg gegangen wie überhaupt mit den
modernen archäologischen Studien: Anfangs aus einer der übrigen Welt
unbegreiiiichen und auch oft unbewussten Vorliebe für das Alte, die von
Vielen Schwärmerei geschulten wurde, hervorgegangen, haben sie allgemach
bei wachsender Einsicht und veränderter Geschmacksrichtung praktische
Bedeutung gewonnen. Die Zeit hat gelehrt, dass diejenigen, welche in
dieser Beziehung für Thoren galten, weise Männer waren, indem sie vor-
ahnend oder mit bewusster Ueberzeugung für die Zukunft arbeiteten und
sammelten und diejenigen, welche sich die klugen Männer der Praxis dach-
ten, haben sich zu jener Leute Ansicht bekehrt oder sind auf dem Wege
es zu thun.
Der frühere Eigentliümer und Gründer der in Rede stehenden Samm-
lung, Dr. Franz Bock, Stiftsherr am Münster in Aachen, gehört auch zu
den erwähnten Leuten, denen in Sachen von Kunstindustrie das Alte lieber
ist als das Neue. Wie ein jeder Kunstfreund, namentlich wenn er Sammler
ist, eine specielle Passion zu haben pflegt, so hatte auch er die seine und
zwar auf Erzeugnisse mittelalterlicher Weberei und Stickerei. Das schien
nun manchem sehr verwundersam, denn was er auf diese Weise zusammen-
zubringen vermochte, konnte mit wenigen oder späten Ausnahmen dem
blöden laienhaften Auge nicht viel anders erscheinen, denn als verschossene,
zerfaserte, abgeriebene Fetzen oder doch gar traurige Ueberreste alter
Herrlichkeit, die sich nur dem Seherauge dunkel eröifnete.
Indess liess er sich durch dergleichen Urtheile, die gewiss nicht aus-
geblieben sind, nicht irre machen. Mit Sammlergeist und Kennerblick ver-
sehen, begünstigt auch wohl durch seine Stellung, die ihm Vertrauen er-
weckte und Thüren erschloss, welche für Andere sieben Siegel tragen,
') Dieser Aufsatz ist der Oesterr. Wochenschrift für Wissenschnft, Kunst und öfentl.
Leben (Beilage der k. k. Wiener Ztg.) Nr. 31 v. J. 1864 entnommen.
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