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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe I (1865 / 2)

oder unter den besonderen Gesichtspuncten für ein neu zu gründendes 
Museum, wie das in Wien, empfiehlt. Die Auswahl war fast eine absolut 
freie; es waren höchstens aus Rücksicht auf die Interessen des Verkäufers 
einige Caprieen des Kunsthandels zu schonen, aber kein irgendwie wesent- 
licher höherer Gesichtspunct zu opfern; das Vorzügliche ist fast ausnahms- 
los in die Auswahl aufgenommen und dieselbe repräsentirt das Ganze in 
den am meisten charakteristischen Proben. 
Die überhaupt in Caere vorkommenden Stylarten sind wohl vollständig 
vertreten. Gefasse von wirklich echter, alt-korinthischer Technik kamen 
in Etrurien nur ganz ausnahmsweise vor. Drei kleine kugelförmige Oel- 
tläschchen (Nr. 1-3), eines mit einem Namen, genügen aber, den Unter- 
schied des Originalen vor der antiken Nachahmung darzulegen, wie sie in 
einigen ähnlichen kleinen und in zwei grösseren Giessgefässen (Nr. 5 u. 6) 
vorliegt. _ Eine besondere Kategorie bilden die sogenannten korinthisch- 
cäretanischen Gefasse, die als wahrscheinlich in späterer Zeit in Caere selbst 
gefertigt sind - eine Kategorie, die hauptsächlich und ziemlich aussehliess- 
lieh aus einer Abtheilung des Camyanavlschen Museums, jetzt in Paris, he- 
kannt ist. Von zwei Hydrien (Nr. 8 u. 9) muss namentlich die eine (Herkules 
und Busiris) als ein besonders ausgezeichnetes Spccimen dieser Gattung 
bezeichnet werden. 
Der in der historischen Entwickelung folgende Styl der schwarzen 
Figuren auf gelbem oder rothem Grunde ist auch äusserlich glänzend ver- 
treten durch ein sehr grosses kelchartiges (Nr. 10), ein derlei bauchiges 
Mischgefass (Nr. 18), eine grosse Amphore (Nr. 17), eine schöne Hydria 
(Nr. 16), an welche sich noch mehrere grössere und kleinere, mit Rück- 
sicht auf Fonn, Ornamentik und Gegenstände ausgewählte Getässe an- 
schliessen. Mehrfache Abarten des gewöhnlichen Styls zeigen sich in den 
drei Stücken aus der eigenthümlichen Fabrik des Nikosthenes (Nr. 31, 33), 
in Nr. 34 und besonders in der interessanten Vase mit Dike und Adikia 
(Nr. 35), auf welcher rothe und schwarze Figuren vereinigt sind. Einer 
anderen, der sogenannten tyrrhenischen Fabrication gehören zwei Hydrien 
an (Nr. 28 u. 29); andere Varietäten bieten die Nummern 7, ll," 30. 
In den rothtigurigen Vasen lässt sich der Fortschritt von strengereln 
zu freierem Styl in verschiedenen Abstufungen verfolgen, namentlich an 
folgenden gewählten, zum Theil höchst ausgezeichneten Hauptstücken: der 
Lösung Hektofs (Nr. 36), dem Tode des Aegisthos (Nr. 37), Apollo und 
Diana (Nr. 39), dem Sphinxorakel (Nr. 42), Boreas und Orcithyia (Nr. 43), 
Argos Pauoptes (Nr. 44), Apollo, Diana und Merkur (Nr. 4-5), daneben noch 
eine Reihe zweiten Ranges. Sehr eigenthümlich ist das an gross-griechische 
Technik erinnernde Getäss (Nr. 56), welches zwischen eigentlich griechi- 
scher und provinciell etrnskischer Fabrication gewissennassen die Mitte 
hält. Für die letztere ist in Technik und Darstellung besonders charak- 
teristisch die Olla (Nr. 57), dazu eine Amphora und einige den äussersten 
Verfall bezeichnende Proben.
	            		
In analoger Weise lässt sich die stylistische Entwickelung von der ältesten zur jüngsten Zeit an einer Reihe von Trinkschalen verfolgen, unter denen eine von Hieron (Nr. 48) und namentlich zwei ausgezeichnete von Duros (Nr. 46 u. 47) hervorzuheben sind. Zur Ergänzung dieser aus grösseren Vasen gebildeten Gruppen dient noch eine Reihe meist sehr kleiner Geüisse, die namentlich durch Mannig- faltigkeit der Form und Zierlichkeit der Technik sich auszeichnen. Eine hervorragende Stelle nimnit unter ihnen ein Trinkgefass in Gestalt eines Mohrenkopfes ein. Dr. H. Brunn. Die Sammlung von Webereien und Stickereien im öster- reichischen Museum '). (Früher Eigenthum des Cenonicus Dr. Bock in Aachen.) Es ist mit dieser nachgerade unter allen Archäologen und Kennern Europe's berühmt gewordenen Samiuhmg gegangen wie überhaupt mit den modernen archäologischen Studien: Anfangs aus einer der übrigen Welt unbegreiiiichen und auch oft unbewussten Vorliebe für das Alte, die von Vielen Schwärmerei geschulten wurde, hervorgegangen, haben sie allgemach bei wachsender Einsicht und veränderter Geschmacksrichtung praktische Bedeutung gewonnen. Die Zeit hat gelehrt, dass diejenigen, welche in dieser Beziehung für Thoren galten, weise Männer waren, indem sie vor- ahnend oder mit bewusster Ueberzeugung für die Zukunft arbeiteten und sammelten und diejenigen, welche sich die klugen Männer der Praxis dach- ten, haben sich zu jener Leute Ansicht bekehrt oder sind auf dem Wege es zu thun. Der frühere Eigentliümer und Gründer der in Rede stehenden Samm- lung, Dr. Franz Bock, Stiftsherr am Münster in Aachen, gehört auch zu den erwähnten Leuten, denen in Sachen von Kunstindustrie das Alte lieber ist als das Neue. Wie ein jeder Kunstfreund, namentlich wenn er Sammler ist, eine specielle Passion zu haben pflegt, so hatte auch er die seine und zwar auf Erzeugnisse mittelalterlicher Weberei und Stickerei. Das schien nun manchem sehr verwundersam, denn was er auf diese Weise zusammen- zubringen vermochte, konnte mit wenigen oder späten Ausnahmen dem blöden laienhaften Auge nicht viel anders erscheinen, denn als verschossene, zerfaserte, abgeriebene Fetzen oder doch gar traurige Ueberreste alter Herrlichkeit, die sich nur dem Seherauge dunkel eröifnete. Indess liess er sich durch dergleichen Urtheile, die gewiss nicht aus- geblieben sind, nicht irre machen. Mit Sammlergeist und Kennerblick ver- sehen, begünstigt auch wohl durch seine Stellung, die ihm Vertrauen er- weckte und Thüren erschloss, welche für Andere sieben Siegel tragen, ') Dieser Aufsatz ist der Oesterr. Wochenschrift für Wissenschnft, Kunst und öfentl. Leben (Beilage der k. k. Wiener Ztg.) Nr. 31 v. J. 1864 entnommen. 2x
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