Dithyrambus sich um so ehrlicher und wahrhafter abhebende Lob am
ehesten auf den Schöpfer des Kastenmayr-Steines und seiner übrigen Werke
beziehen. An einem Antlitz, ähnlich jenen tiefempfundenen Abschriften
der Natur, mochte der feingebildete Italiener am meisten das Streben seiner
heimischen Künstler, die Sehnsucht nach Wahrheit, wiedererkennen. So
dürfen wir vielleicht in unserem Meister den Schöpfer auch dieses Werkes
vermuten. Nur eins hatte Enea Silvio an dem Grabmal auszusetzen: daß
es noch einer entsprechenden Inschrift entbehre." Da dürfte es nun für
seine Bewunderung vor dem ungewohnt hohen künstlerischen Werte des
deutschen Werkes nicht weniger als für seine Verehrung des vielverdienten,
hochgebildeten und kunstsinnigen Kirchenfürsten sprechen, daß er, der
glänzende Geist, sich selbst anbot, die würdigsten Worte zu wählen, die
also lauteten:
„Qui populos rexit moderatius undique muris
Opida qui cinxit edibus eximiis;
Qui simul ecclesias ruinosaque castra refecit;
Qui census auxit pignora quique luit;
Quem bonus ingenti cesar dilexit amore
Et gener Albertus et Fredericus adhuc,
Largus elemosina, peregregius, optimus hospes,
Clarus et ingenio, clarus et eloquio,
Durus in hussitas, Laimingo e sanguine cretus,
Iustus et in cunctis, providus atque pius,
I-Iuius in hoc tumulo presul dignissimus urbis
Conditus est. Heu cur cur Leonardus obit?!
Stat sua cuique dies moritur majorque minorque.
Nilhominum melius quam bene scire mori.""""
Das Grabmal ging zugrunde; wann und wie, wissen wir nicht, aber der
Seufzer, der einst der Brust des jungen Enea Silvio angesichts des Unter-
ganges so vieler klassischer Bildwerke entstieg, klingt uns noch in den Ohren,
wenn wir uns vergegenwärtigen, daß es wahrscheinlich demselben Schicksal
wie jene zum Opfer fiel: „Ich ergötze mich daran, Rom, deine Ruinen zu
schauen, aus deren Gemäuer die alte Größe erscheint, aber wenn dein Volk
fortfährt, aus dem Marmor Kalk zu brennen, so wird in dreihundert Jahren
kein Zeichen des alten Adels mehr vorhanden sein."
Wo haben wir uns den Meister des Kastenmayr ansässig zu denken?
Es dürfte kaum ein Zweifel darüber bestehen. Weist schon das Material
nach Salzburg, so dürfte es andrerseits unwahrscheinlich anmuten, daß von
Straubing, wenngleich wir dort drei Werke von ihm kennen, Steine nach
Passau und Gars oder gar nach Berchtesgaden ausgeführt worden wären.
Das wäre just die ganze Gepflogenheit und Tradition auf den Kopf gestellt.
Es könnte sich höchstens darum handeln, daß der Meister in Straubing
' Wolkan, a. a. O. S. 433, und Bruschius, a. a. O. S. 307.
"" Cod. lut. 289 der K. Hof- und Staatsbibliothek in München, Fol. x00, und Wolkan, a. a. O. S. 434.