Nach den Verölfentlichungen aus einzelnen Kreisen gibt das vorliegende Werk eine
zusammenfassende, unter einheitlichen Gesichtspunkten erfolgte Übersicht und Auswahl
des in verschiedenen Kreisen Geschaffenen - mit der erwähnten Herkunftsbeschränkung
auf das Deutsche Reich - als die nunmehr vollkommenste Darstellung für das Kriegergrab.
Eine ähnliche Veröffentlichung von Anregungen und Gesichtspunkten wird für das
Kriegerdenkmal nötig werden, wenngleich da die Schwierigkeiten innerer und äußerer Natur
größer sind. So wertvolle Arbeit durch Werke dieser Art auch für Begründung und Aus-
breitung künstlerischer Kultur geleistet wird, so darf man sich doch nicht verhehlen, daß es
Bevölkerungskreise gibt, die allen solchen Bemühungen unzugänglich oder für deren Auf-
nahme unfähig sind.Auch diese aber legen Soldatenfriedhöfe an und beschließen Kriegerdenk-
male. Ihren Ausschreitungen gegenüber bedürfen wir dringend überall wohldurchdachter
Friedhofordnungen und einer staatlichen Genehmigungspßichtigkeit der Denkmale, für die
den künstlerischen Beratungsstellen die Begutachtung obliegen würde. K. Giannoni
DIE BRÜDER BOISSEREE ALS KUNSTSAMMLER. Professor
Firmenich-Richartz hat, um neues Licht über die niederrheinische Malerei, deren
hervorragender Kenner er ist, zu gewinnen, die Sammeltätigkeit der Brüder Boisseree
einer umfassenden Untersuchung unterzogen; das Buch" bildet einen weit ausholenden
geistesgeschichtlichen Kommentar zu dem mustergültigen kritischen Katalog der alten
Boisseree-Galerie in der Münchner Pinakothek, der als Anhang III veröffentlicht ist.
Die Konsequenz, mit der die sammelnde und die aus ihr herauswachsende literarische
Tätigkeit der Brüder im Mittelpunkt der Darstellung festgehalten wird, ermöglicht dem
Verfasser, die einzelnen psychologischen und kulturellen Schichten dieses eigentümlichen
romantisch-kunsthistorisch-merkantilen Betriebes auseinanderzulösen, zerreißt aber natur-
gemäß die individuelle Geistigkeit der Helden, besonders Sulpizens. Deshalb möchte ich
doch ein gutes Wort für das alte Sulpiz Boisseree-Buch einlegen, das die Witwe 1862
aus Tagebüchern und Briefen zusammengestellt hat und das Firmenich-Richartz einiger-
maßen hart beurteilt; trotz familiengeschichtlicher Schönfärberei und unkritischer Ver-
stümmelung der ursprünglichen Aufzeichnungen wird das alte Buch durch das neue
nicht ganz überflüssig. Dieses wird dem Sammler, jenes dem Menschen gerechter;
während bei der wissenschaftlich so wohl dokumentierten Neuausgabe die Persönlichkeit
bisweilen unter Kommentaren und Belegstellen begraben wird, zeigt das naive , alte
Familienbuch immer - wenngleich in einem schmeichelnden Spiegel aufgefangen - das
Bild eines Menschen in seiner Einheit und mit seinem Widerspruch.
Die komplizierte Persönlichkeit von Sulpiz Boisseree gibt aber erst den wahrhaften
Schlüssel zu seiner Sarnmlertätigkeit; so entscheidenden Einfluß er von der frühen Romantik
erfahren, so mächtig er auf den weiteren Verlauf dieser Bewegung zurückgewirkt hat,
kann er doch nicht schlechtweg ein Romantiker heißen. Nicht umsonst ist er als Jüngling
im Hause Reimarus ein- und ausgegangen; ein Zug von heller Verständigkeit, beinahe
von aufgeklärter Vernünftigkeit bleibt ihm anhaften und verbindet sich mit der kauf-
männischen Kultur, die er seiner Abstammung verdankt, zu einer trockenen Übcrlegtheit
und Überlegenheit. Im Verkehr mit Goethe, dem ewig Jungen, wirkt Boisseree wie der Alte
und Abgeklärte; als Sammler begeht er Fehler, aber macht keine Dummheiten; als Ver-
walter der Galerie, an deren Schätzen sich die nationalen Entzückungen der Romantiker
entzünden, bleibt er antiquarischer Neigung voll, versucht er den verschütteten Gang
der heimischen Kunstentwicklung auszugraben. Daß seine Konstruktion ein unhaltbares
Himgespinst ist, liegt an der mangelnden Vorbereitung des Bodens, nicht an Phantastik
und Inkonsequenz seines ersten Bearbeiters, der gewiß ein Enthusiast für seine Sache
war, aber ein kühler Schwärmer, dem sein Sammeln Beruf und Geschäft nicht erst wurde,
sondern von Anfang an war.
" Eduard Firtnenich-Richartz, „Die Brüder Boisseree". Erster Band. Sulpiz und Melchior Boisseree als
Kunstsammler. Ein Beitrag zur Geschichte der Romantik. Verlegt bei Eugen Diederichs in Jena 1'916.