Sie arbeitet an großen und neuen Problemen, die für jede Generation aus ihrer eigensten
Mission erwachsen, will aber auch das von den früheren Generationen Geleistete als Unter-
grund und Piedestal zum Aufstieg werten. Eine Rückkehr zur strengen Gebundenheit älterer
und ältester Epochen, eine Abkehr von Naturalismus, Impressionismus, ein Suchen nach
innigem, gläubigem, geschlossenem Ausdruck innerer Bewegungen. „Auf jedes kleinlich
dekorative oder naturalistische Bedürfnis völlig verzichten zu lernen und alles Wollen dem
einzigen Ziele der letzten, überindividuellen architektonischen Einheit des Kunstwerkes
unterzuordnen", ist ihr Bestreben. „Zu dieser Verwirklichung des gotischen Ideals" mußte
auch die repräsentative, formenstrenge Kunst anderer Völker und Zeiten Lehrrneisterin
werden, die Kunst des fernen Ostens, Ägyptens, Assyriens, Byzanz.
Mit diesem Programm und Bewegungsziel ist allerdings nicht bloß das Streben dieser
kleinen Gruppe gekennzeichnet. Es enthält ja im wesentlichen dasjenige, was schon seit
längerer Zeit in allen vorwärtsdrängenden Künstlergemeinden vom Westen bis zum Osten
Europas am Werke ist und in den mannigfaltigsten Erscheinungsformen zeitweilig her-
Vortritt.
Man fühlt in den tonfeinen ruhigen Landschaften aus der Provence, die Richard
Dillenz brachte, die helle, durchleuchtete und großformige Naturanschauung, welche die
französische Malkultur der letzten Generation zur Vorbedingung hat. Ebenso ist die farbige,
breite und schwere Art, mit der die Damen I-I. Funke und K. Zirner Porträt und Figurenbild
vortragen, westlichen Ursprungs. Enger schließt sich an alte deutsche Innigkeit die intime
Porträtkunst von Janina Großmann an, die sich zu äußerster Vereinfachung und edler
Schlichtheit durchgerungen hat.
Graphische Arbeiten von starker konzentrierter Ausdrucksfähigkeit bringt F. Feigl
insbesondere in seinen Dostojewski-Blättern, während die Phantastik Kubins weit weniger
zu diesem Programm zu stimmen vermag.
In vielen Bildern und Blättern liegt mehr noch das Bedürfnis nach Anschluß als die
Sicherheit einer neuen, über diesen hinausgehenden Selbständigkeit. Aber Ernst und
Empfindung, Strenge und Warmblütigkeit sind gute Empfehlungen für ein künstlerisches
Streben, das sich zum Aufstieg anschickt. Welche I-Iöhe diese „Bewegung" zu erreichen ver-
mag, wird von der Stärke der Begabungen und der Kraft ihrer Überzeugung und ihres
Glaubens bestimmt werden. Dieses erste Auftreten vor der Öffentlichkeit kann nur sym-
pathisch begrüßt werden.
ALM 8l GÜLDMANN. SCHVVEDISCHE GRAPHIK. Die kleine Sammlung
schwedischer Graphik, die Halm 8c Goldmann vereinigte, übte die wohltuende
Wirkung aus, die heute mehr wie jemals ein willkommener Besuch aus der Fremde uns
bietet. Wohl sind viele der Gäste früher oft bei uns erschienen und darum wohlbekannt
und geschätzt, wie der breite und sinnenfrohe A. Zorn, der humorvolle Carl Larsson,
der ernste Ferdinand Boberg, sie spiegeln die handfeste, genußfrohe Art der heiteren
schwedischen Natur. Dazu kamen jüngere, nervenfeinere Radierer wie Axel Friedell,
porträttüchtige Zeichner wie Gustav Magnusson, Egil Schwab, dann kraftvolle Holz-
schneider wie I-Ijalmar Sträät und noch manche tüchtige Hand, die Lithographie, Linoleum-
schnitt und den Tuschpinsel beherrschen.
Kenntnis der guten Arbeiten anderer Länder und wacker zugreifende Art des eigenen
sonnigen und doch ernsten Temperaments kennzeichneten diese Auswahl, die uns wieder
ein Fenster öffnete in eine weitere Welt, aus der uns die Schwere der Zeiten ausgeschlossen
hat. Mangel an Dilettantisrnus machte sie sympathisch und die selbstfrohe Lebenskunst
des Nordens leuchtete erfrischend aus diesen mannigfaltigen Blättern und Blättchen.
QFRAT LEISCHING ÜBER KAÜNITZ. Es ist ein erfreuliches Zeichen
des wachsenden Selbstbewußtseins und der zunehmenden Selbsterkenntnis, daß
unserer heimischen Kunstentwicklung immer mehr Interesse zugewendet wird. So sonder-