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Volltext: Monatszeitschrift XXIV (1921 / Heft 1, 2, 3 und 4)

des XIV. Jahrhunderts, III. Das XV. und XVI. Jahrhundert, IV. Die Werke des Barocks und 
des Empire, V. Bronzen, VI. Plaketten. Diese Rahmen, teils sehr weit, teils enger, mögen fir 
eine Sammlung wie die Estensische vielleicht mit Recht gewählt worden sein, aber das hier 
ausgeübte System birgt immerhin eine Gefahr in sich. Es vereinigt einerseits im Kapitel II 
und VI eng zusammengehörige Komplexe, die in jedem Falle vereint dargestellt werden 
müssen, anderseits aber schließt es Heterogenes, nur zeitlich, rein äußerlich Zusammen- 
gekommenes aneinander. So erscheinen im III. Kapitel knapp hintereinander einer der charak- 
teristischen englischen Alabasteraltäre aus der Schule von Nottingham, eine französische 
Madonna und ein Bronzerelief von Donatello in ligural-ornamentaler Marmorumrahmung, 
während wir in dem den italienischen Bronzen gewidmeten Kapitel an der Spitze eine 
rheinische Zellenschmelztafel des XII. Jahrhunderts finden, auf die unmittelbar der pracht- 
volle stehende Bronzeamor (Nr. 18x) folgt, den Planiscig in ausführlicher Motivierung Dona- 
tello zuschreibt, während W. von Bode die reizvolle Statuette als eine Werkstattarbeit ansah. 
Ein interessantes seltenes Stück ist ein kleines querrechteckiges l-Ialbrelief aus Buchs- 
holz (Nr. xx3), um x5oo entstanden, das Einflüsse des Moderno zeigt und eine mythologische 
Darstellung gibt, die inhaltlich an ähnliche Sujets aus gleichzeitigen Stichen von Barbari 
und Dürer erinnert. Unter einem Baume liegt, von rückwärts gesehen, eine schlafende 
nackte Satyrsfrau, zu der von linksiher ein gleichfalls dem Beschauer den Rücken zukehrender 
nackter Jüngling tritt. Planiscig bemerkt hiezu, daß die liegende Frau einem Marmorrelief 
des Dogenpalastes entnommen ist. Jedenfalls scheint das I-Iolzrelief der Estensischen 
Sammlung eines der so überaus seltenen Modelle für eine Plakette oder einen ähnlichen 
Bronzeguß zu sein, die man zumeist aus hartem Holz schnitzte. E. W. Braun 
ICI-IAEL PACHERS ST. WOLFGANGER ALTARRK Ein Geschick von 
seltener Tragik hat Robert Stiaßny vor wenigen Jahren hinweggerissen, bevor seine 
ordnende Hand aus den zahllosen weit- und tiefverwurzelten Einzelstudien über das so 
rätselhafte Werk Michael Pachers eine zusammenfassende Darstellung desselben geformt 
hatte. Es sollte die Krönung einer jahrzehntelangen, mit zähester Beharrlichkeit und Kon- 
sequenz, mit dem äußersten Fleiße und der verehrungswürdigsten Hingabe verfolgten 
Lebensarbeit sein. Nun ist es als Torso zurückgeblieben, aber glücklicherweise nicht 
verloren, sondern von pietätvoller Hand mit kluger Behutsamkeit und Schonung des hinter- 
lassenen Manuskriptes von Hans Tietze herausgegeben und von der Verlagsbuchhandlung 
in einer geradezu idealen Muniüzenz ausgestattet. Neben den ausgezeichnet scharfen und 
klar gedruckten Textklischees auf einwandfreiem Papier sind auf 48 Tafeln in Großfolio 
ganz hervorragend gute Lichtdruclrreproduktionen des St. Wolfganger Altars mit allen 
Details in den wünschenswertesten Größenverhältnissen geboten, denen sich noch sieben 
Tafeln nach neuen im Jahre 1910 gemachten Aufnahmen vom Grieser Altar anschließen, 
die dessen künstlerische Qualität höher werten lassen, als es der Standort des Altars und 
dessen frühere Abbildungen gestatteten. 
Was die Lektüre dieses starken persönlichen Buches zu einem großen Genuß macht, 
ist die tiefgründige Beherrschung der Materie, die große Belesenheit und absolute Sicher- 
heit des Verfassers auf seinem Lieblingsgebiete. 
Besonders lehrreich und prinzipiell bedeutsam für unser Wissen von der spätmittel- 
alterlichen deutschen Kunst ist das dritte Kapitel, betitelt „Die Altarbestellung. Technische 
und geschäftliche Voraussetzungen", und sehr glücklich ist im vierten Kapitel mit einer 
Fülle von Wissen das „Programm des Altars" aus den religiösen Anschauungen seiner Ent- 
stehungszeit ltlargelegt. Diese ebengenannten Ausführungen bilden gewissermaßen die Ein- 
leitung zu der meisterhaften breiten und detaillierten Schilderung des herrlichen Altarwerlres, 
seines plastischen und malerischen Schmuckes und der Ableitung der Stilformen aus Süd 
' Robert Sliäßny. "Michael Pachers St. Wolfgang" Altar". Herausgegeben vom deutschlisterreichischen 
Staatsamt für Unterricht. Textband mit 60 Abbildungen, Tafellund mit 48 Lichtdruelttafeln. Ku-natverlag Anton 
Schroll i! Co., Wien 191g.
	        
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