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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe II (1866 / 14)

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stampirtem, gezogenem und gegossenem Zink hergestellt und mit einer Kupferanfliisung 
überzogen. In technischer Beziehung sind die grossen tadellos ebenen Flächen, die 
scharfen und änsserst präcisen Profile beachtenswerth und die in diesem Metalle unge- 
wohnte Reinheit der Ciselirung hervorzuheben. 
Ferner verdient die besondere Aufmerksamkeit der Besucher des Museums um Pracht- 
werk der höheren Buchbinderknnst: ein kolossales Album, bestimmt Photographien oder 
Zeichnungen in sich zu fassen, auf Bestellung Sr. Majestät des Kaisers aus dem Atelier 
von Charles Girsrdet hervorgegangen und nach der Originalzeichnung des Architekten 
Fr. X. Segenschrnid angefertigt. 
Der Reichthum des Werkes, denn es sind gar verschiedene Künste, die dazu 
zusammengewirkt haben, bietet der Beschreibung einige Schwierigkeit Es ist ein 
Kasten von schwarzem Ebenholz, wenn man so will, dessen nach rückwärts aufzu- 
sehlagender und als Pult für die Zeichnungen dienender Deckel den Grund der reichen 
Ornamsntation abgibt. Die Mitte nimmt ein grosser ovaler Schild von oxydirtem Silber 
ein, welcher in gctriebener Arbeit die stehende Figur der Austria zeigt, wie sie mit reichem 
Gswande angethan sich in der Mitte zwischen den weiblichen Figuren der Industrie und 
des Handels erhebt und über jene den linken Arm, über diese das Schwert schützend 
hält. Dieser Schild, eine Arbeit des Medailleurs Tautenheim, ist zunächst von zier- 
lichen vergoldeten Broncestiiben, von einem Perlreifen mit Tiirkisen und blauem Emsil- 
bande umschlungen. Die Ecken, welche das Oval zum Viereck ergänzen, sind mit vier 
treElich cmaillirten Wappenschildern zwischen Epheulaub von vergoldeter Bronce ausge- 
führt. Dann folgt eine breite viereckige Umrahmung", welche auf beiden Seiten von hell- 
blauen Emailbändern mit vergoldeten Laubwork eingefasst ist, zwischen denen die Felder 
hrsunrothes Juchtenleder zum Grunde haben und darüber geschwungene Laubornamsnte 
von schwarzem Ebenholz geschnitten zeigen. Die Ecken dieses breiten Rahmens sind 
glänzend vertretende Raudschilder, welche in ihrer Mitte auf Lapislazuli den vergoldeten 
Doppeladler mit emnillirtem Hernschild tragen. Abfallende Seitenränder, mit derselben 
rothbraunen Lederfüllung und von feinen Broncestäben und den Ebenholzleizten gefasst, 
schliessen das Ganze ab. 
Sein Entstehen verdankt dieses Prachtalhnm der Idee einer Schilfsexpedition nach 
den ostasiatischen Gewissen, welche im Laufe des heurigen Frühlings von Seite der hais 
serlicheu Regierung zu dem Zwecke abgesendet werden sollte, um mit den Ländern der 
östlichen Hemisphüre, namentlich mit China, Japan und Siam, Handels- und Schiffahrtss 
vertrige abzuschliessen und überhaupt in jenen Gegenden unsere Handelsinteresren zu 
fördern. Da es bei allen ähnlichen Missionen Sitte ist, den Herrschern jener Länder, mit 
welchen man in Unterhandlungen tritt, officielle Geschenke zu überbringen, so wurde von 
Sr. k. k. apostol. Majestät der abzusendenden Expedition für diesen Zweck ebenfalls eine 
entsprechende Summe bewilligt, welche der heimischen Industrie zugutekommen und ihr 
Gelegenheit verschaffen sollte, ihre Leistungsßhigkeit auch in jenen fernen Lindern zu be- 
urkunden. Als ein fir den Beherrscher Siams bestimmtes Geschenk wurde von Er. Ex- 
cellcnz dem Herrn Handelsminister eine Sammlung von Ansichten der schönsten Gegenden 
und der vorzüglichsten Städte und Bauwerke unseres Vatcrlandes ins Auge gefasst, welcher 
ein die hohe Entwicklungsstufe unserer Kunstindustrie ksnnzeichnendes Album zur Ver- 
wahrung dienen sollte. Wie diese Idee durch Girardet zur Ausführung gebracht wurde, 
ist bereits oben ausführlich mitgetheilt. Das Prachtalbum wird, da die ostssiaüsche Ex- 
pedition sus bekannten Ursachen heuer nicht abgesendet werden konnte, bis zur Wieder- 
aufnahme des bezüglichen Prcjsctes im Museum aufbewahrt bleiben. Sollte die Expedition 
auch im Laufe des Jahres 1867 nicht zu Stande kommen, so diirße dieses schöne Erzeug- 
niss der gewerblichen Kunst auf der Pariser Ausstellung einen Ehrenplatz einnehmen. 
(Zar Chronik des South-KensIngton-Musenms in London.) Für die Be- 
sucher des österr. Museums dürfte eine genaue Ksnntniss desjenigen Institutes, das bei der 
Errichtung aller Kunst-Indushie-Museen in Europa als Muster gedient hat, des South- 
Kensington-Museums in London, von hervorragendem Interesse sein. Die G es c h ic h t e 
dieses Institutes dürfen wir wohl üir unsern Leserkreis in der Hauptsache als bekannt 
voraussehen. Weniger dürüe dies hinsichtlich der Details der Einrichtung und 
Verwaltung der Fall sein. Wir benützen bei unseren nachfolgenden Mittheilungsn 
vorzugsweise das Buch des Dr. jur. Hermann Schwabe: „Die Förderung der Kunst- 
Iudustrie in England und der Stand dieser Frage in Deutschland", Berlin', Verlag von 
Guttentag, 1866, auf welches wir unsere Leser bereits im Leitartikel der Nr. 13 auf- 
merksam gemacht haben. 
a) Vorlesungen. In jedem Semester finden im Keusington-Museum Vorlesungen 
statt und zwar regelmässige und gelegentliche; die ersteren werden im Proepect bekannt 
gemacht, die letßteren besonders angezeigt. Zur Charakteristik des Gebietes, auf welches 
sich diese Vorlesungen erstrecken, mögen die wichtigsten, welche bisher gehalten worden 
sind, hier kurz angeführt werden:
	        
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