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stampirtem, gezogenem und gegossenem Zink hergestellt und mit einer Kupferanfliisung
überzogen. In technischer Beziehung sind die grossen tadellos ebenen Flächen, die
scharfen und änsserst präcisen Profile beachtenswerth und die in diesem Metalle unge-
wohnte Reinheit der Ciselirung hervorzuheben.
Ferner verdient die besondere Aufmerksamkeit der Besucher des Museums um Pracht-
werk der höheren Buchbinderknnst: ein kolossales Album, bestimmt Photographien oder
Zeichnungen in sich zu fassen, auf Bestellung Sr. Majestät des Kaisers aus dem Atelier
von Charles Girsrdet hervorgegangen und nach der Originalzeichnung des Architekten
Fr. X. Segenschrnid angefertigt.
Der Reichthum des Werkes, denn es sind gar verschiedene Künste, die dazu
zusammengewirkt haben, bietet der Beschreibung einige Schwierigkeit Es ist ein
Kasten von schwarzem Ebenholz, wenn man so will, dessen nach rückwärts aufzu-
sehlagender und als Pult für die Zeichnungen dienender Deckel den Grund der reichen
Ornamsntation abgibt. Die Mitte nimmt ein grosser ovaler Schild von oxydirtem Silber
ein, welcher in gctriebener Arbeit die stehende Figur der Austria zeigt, wie sie mit reichem
Gswande angethan sich in der Mitte zwischen den weiblichen Figuren der Industrie und
des Handels erhebt und über jene den linken Arm, über diese das Schwert schützend
hält. Dieser Schild, eine Arbeit des Medailleurs Tautenheim, ist zunächst von zier-
lichen vergoldeten Broncestiiben, von einem Perlreifen mit Tiirkisen und blauem Emsil-
bande umschlungen. Die Ecken, welche das Oval zum Viereck ergänzen, sind mit vier
treElich cmaillirten Wappenschildern zwischen Epheulaub von vergoldeter Bronce ausge-
führt. Dann folgt eine breite viereckige Umrahmung", welche auf beiden Seiten von hell-
blauen Emailbändern mit vergoldeten Laubwork eingefasst ist, zwischen denen die Felder
hrsunrothes Juchtenleder zum Grunde haben und darüber geschwungene Laubornamsnte
von schwarzem Ebenholz geschnitten zeigen. Die Ecken dieses breiten Rahmens sind
glänzend vertretende Raudschilder, welche in ihrer Mitte auf Lapislazuli den vergoldeten
Doppeladler mit emnillirtem Hernschild tragen. Abfallende Seitenränder, mit derselben
rothbraunen Lederfüllung und von feinen Broncestäben und den Ebenholzleizten gefasst,
schliessen das Ganze ab.
Sein Entstehen verdankt dieses Prachtalhnm der Idee einer Schilfsexpedition nach
den ostasiatischen Gewissen, welche im Laufe des heurigen Frühlings von Seite der hais
serlicheu Regierung zu dem Zwecke abgesendet werden sollte, um mit den Ländern der
östlichen Hemisphüre, namentlich mit China, Japan und Siam, Handels- und Schiffahrtss
vertrige abzuschliessen und überhaupt in jenen Gegenden unsere Handelsinteresren zu
fördern. Da es bei allen ähnlichen Missionen Sitte ist, den Herrschern jener Länder, mit
welchen man in Unterhandlungen tritt, officielle Geschenke zu überbringen, so wurde von
Sr. k. k. apostol. Majestät der abzusendenden Expedition für diesen Zweck ebenfalls eine
entsprechende Summe bewilligt, welche der heimischen Industrie zugutekommen und ihr
Gelegenheit verschaffen sollte, ihre Leistungsßhigkeit auch in jenen fernen Lindern zu be-
urkunden. Als ein fir den Beherrscher Siams bestimmtes Geschenk wurde von Er. Ex-
cellcnz dem Herrn Handelsminister eine Sammlung von Ansichten der schönsten Gegenden
und der vorzüglichsten Städte und Bauwerke unseres Vatcrlandes ins Auge gefasst, welcher
ein die hohe Entwicklungsstufe unserer Kunstindustrie ksnnzeichnendes Album zur Ver-
wahrung dienen sollte. Wie diese Idee durch Girardet zur Ausführung gebracht wurde,
ist bereits oben ausführlich mitgetheilt. Das Prachtalbum wird, da die ostssiaüsche Ex-
pedition sus bekannten Ursachen heuer nicht abgesendet werden konnte, bis zur Wieder-
aufnahme des bezüglichen Prcjsctes im Museum aufbewahrt bleiben. Sollte die Expedition
auch im Laufe des Jahres 1867 nicht zu Stande kommen, so diirße dieses schöne Erzeug-
niss der gewerblichen Kunst auf der Pariser Ausstellung einen Ehrenplatz einnehmen.
(Zar Chronik des South-KensIngton-Musenms in London.) Für die Be-
sucher des österr. Museums dürfte eine genaue Ksnntniss desjenigen Institutes, das bei der
Errichtung aller Kunst-Indushie-Museen in Europa als Muster gedient hat, des South-
Kensington-Museums in London, von hervorragendem Interesse sein. Die G es c h ic h t e
dieses Institutes dürfen wir wohl üir unsern Leserkreis in der Hauptsache als bekannt
voraussehen. Weniger dürüe dies hinsichtlich der Details der Einrichtung und
Verwaltung der Fall sein. Wir benützen bei unseren nachfolgenden Mittheilungsn
vorzugsweise das Buch des Dr. jur. Hermann Schwabe: „Die Förderung der Kunst-
Iudustrie in England und der Stand dieser Frage in Deutschland", Berlin', Verlag von
Guttentag, 1866, auf welches wir unsere Leser bereits im Leitartikel der Nr. 13 auf-
merksam gemacht haben.
a) Vorlesungen. In jedem Semester finden im Keusington-Museum Vorlesungen
statt und zwar regelmässige und gelegentliche; die ersteren werden im Proepect bekannt
gemacht, die letßteren besonders angezeigt. Zur Charakteristik des Gebietes, auf welches
sich diese Vorlesungen erstrecken, mögen die wichtigsten, welche bisher gehalten worden
sind, hier kurz angeführt werden: