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Volltext: Monatsschrift für Kunst und Gewerbe V (1869 / 51)

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Polythalalnien, Brachiopoden und eine Unzahl von korsllenartigen Geschöpfen, 
deren Reste man besonders in jener Art von kohlensaurem Kalk findet, die man 
Kreide nennt. 
Seit Aeonen nun folgt von solchen Geschöpfen Generation auf Generation, 
die Absterhenden verwesen ihrem organischen Theil nach, ihre unorganischen 
Reste aber, ihre Schalen aus kohlenssurem Kalk bleiben zurück, Schichte auf 
Schichte bildeud und den Boden des Meeres bedockend, der im Laufe der Zeiten 
gehoben, zu Festland und endlich zu einem Gebirge wird. 
Der Fäulniss- und Verwesungs-Process des organischen Theils dieser Thier- 
gebilde verwandelt ihren Schwefelgehalt in Schwefelwasserstoff, aus diesem wird 
durch Oxydation neuerdings Schwefelsäure, die endlich mit jenem kohlensaureu 
Kalk, welchen die Flüsse als Verwitterungsschlamxn ins Meer zurückführen, wieder 
Gyps bildet, der bereit ist, von Neuem diesen Zersetzungskreislauf su beginnen. 
Die organischen Formen mussten um so leichter verschwinden, je kleiner, 
niedriger der Bau dieser Organismen war; nur der der höhern konnte sich eini- 
germnsssn in der Zeichndng und Begrenzung ihrer grössern Schalen erhalten. 
Die Vernichtung war um so vollständiger, je länger diese Reste endlich von 
koblensaurem Wasser durchdrungen waren, welches den kohlensauren Kalk zu 
doppelt kohleusaurem audösen konnte, aus dem später sich wieder einfach kohlen- 
saurer zuriickhildete, der zuletzt sogar die krystallinische Form eines Minernls 
annehmen konnte. 
So also, und nur auf diese Weise ist der kohlensaure Kalk entstanden, 
den wir zu so kolossalen in die Wolken ragenden Gebirgen aufgethürmt sehen, 
und die Phantasie hat Mühe, sich, wenn wir auf den Höhen der Alpen wandeln, 
vorzustellen, dass wir den Boden ehemaliger Meere unter den Fiissen haben. 
Allein unsere Zweifel, unsere Ungläubigkeit verlieren sich, je mehr wir 
vorurtheilsfrei uns in Ueberlegungen vertiefen, deren nächste die ist, dass wofern 
wir nur die Wahl zwischen platonischen, durch Hitze oder Schmelzung, und 
neptunischen, aus Wasser entstandenen Bildungen haben, die ersteren schon 
darum ausgeschlossen gewesen sein müssen, weil der kohlensaure Kalk durch Hitze 
zersetzt wird, also er während ihrer Einwirkung unmöglich entstehen konnte. 
Mit dem Hammer zum zweiten klopfen wir uns die unzweideutigsten Bs- 
weise aus dem Felsen, auf dessen Gipfel wir stehen. Erstaunt sehen wir nu 
seinen Trümmern und Bruchstücken die reinsten, saubersten Abdrücke von 
Muscheln, Schnecken und Seethieren, wir finden unter ihnen diese selbst, ver- 
steinert in ihrem steinernen Grabe, und so stehen wir, wir begreifen es nun, 
auf einem ungeheuren Kirchbofe kleiner Thierleichen, die bis auf das Unver- 
weslicbe an ihnen, ihre Schalen, verwest sind und verschwunden. 
Doch Sie fragen: Ueber diesen Höhen sollten einst Meere geiiuthet haben, 
vielleicht ebenso tief wie unsere jetzigen, und diese Meere sollten nur abgclios- 
sen sein und an andern Stellen sich wieder gesammelt haben, oder sie wären 
vielleicht gar nur verdampft und verdunstet? 
Wohl sind die Wasser nllmälig verlaufen und haben sich anderswo ge- 
sammelt, allein keineswegs hatten diese Gebirge immer dieselbe Höhe, sondern 
sie erreichten sie ebenso allmiilig in unvorstellbnrer Zeit. Es mussten Kräfte 
thätig sein und sie sind es noch, diese Massen zu heben und emporwachsen zu 
lassen. 
Die Kalko und andere, nachweislich auf nassem Wege entstandene Ge- 
steinsmassen und Gebirge, wie die Schiefer, Thene u. s. w., sitzen zuletzt auf 
solchen auf, die man Urgebirge nennt, wie z. B. der Granit als solches erscheint. 
Von diesen nahm man bis in die neuere Zeit an, dass sie durch Schmelzung 
und Krystallisation entstanden, und durch unterirdische Eruptionen gehoben wor-
	        
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