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die Launen der Mode und durch thörichten Luxus entstehen, verschaßt denl vorhandenen
Werthen eine lange Dauer und gibt so der Wirthschnft reichlich zurück, was sie ihr zeit-
weilig genommen hat.
Auch in jener Beziehung des Wirthschaftens, die den Privathaushalt näher berührt,
ist,die Kunst eine treue Geßhrtin. Die Anschauungen, welche durch die physiolrratische
Schule veranlasst und später von den Socialisten und vielen gelehrten Nationalölronornen
aufgenommen wurden, dass der Künstler nicht roductiver Arbeiter sei, nur Genüsse und
keine dauernden Tauschwerthe schaEe„ lasst sich leicht widerlegen. Da productive Arbeit
Alles ist, was Bedürfnisse zu vbeü-iedigen dient, da die Menschen neben den materiellen
auch geistige Bedürfnisse habenvund der Künstler einen Gedanken in befriedigender Weise
äusserlich darzustellen sucht, so gehört er zu den productiven Arbeitern.
._ Die Kunst tragt aber nicht nur zur Pruductrion überhaupt und zu deren Steigerung
bei, sondern sie hilft auch eine Reihe von Wünschen der socialistischen Partei erfüllen.
So ermöglicht sie das Hervortreten der Individualität des künstlerischen Arbeiters aus der
Masse der Durchschnittsmenschen, sie erhöht im Kunstgewerbe den Arbeitslohn, sie tragt
zur Erhaltung des selbstständigen und gerichteten Standes der Kunsthandwerker bei, welche
selbst durch die Cvrossindustrie und den Maschinenbetrieb nicht leiden, sie setzt endlich
der allzuweit reichenden und die Menschenwürde gefährdenden Arheitstheilung die wün-
schenswerthen Schranken. Alle diese Thatsachen lassen sich durch zahlreiche Beispiele
aus der Geschichte der Gewerbe und durch die Statistik der neuesten Zeit unmittelbar
erweisen. .
Aber auch im Haushalte der Consurnenten ist die Kunst von segenbringender Wir-
kung. Sie bietet der Consurntinn Objecte, welche sich vor allen anderen Werken der
Menschenhand dadurch unterscheiden, dass man sie immer geniessen kann, ohne sie zu
zerstören; dass sie firrlahrtausende mit der grössten Freigebigkeit ihre Gaben Allen spen-
dete, die sich daran zu grossen Thaten oder zu neuen Kunstleistungen begeistern wollen. -
Der Einiluss der Kunstwerkevervielfalrigt sich durch die Reproductionen derselben in den
Gewerben, tragt zur Veredlung der Formen aller Gebrauchsgegenstände bei und bildet
also auch in dieser Beziehung ein Förderungsmittel der Wirthschaft.
llolzachnltzaral-Schulo In lhllelu.
Der zweite Jahresbericht dieser Schule wurde am I. October d. J. ausgegeben.
Wir theilen den Inhalt desselben im Folgenden mit:
rDas erste Schuljahr wurde, wie aus dem ersten Jahresbericht zu ersehen war, dazu
benützt, um den Schülern die Vorkenntnisse und Elementarübungen für das Holzschnitzen,
nämlich das Zeichnen und das Modelliren in Thon (und Abgiessen der Modelle in Gips)
beizubringen, und es wurde bereits im ersten Jahresberichte die Hoffnung ausgesprochen,
dass zu Anfang des zweiten Schuljahres mit dem Holzschnitzen begonnen werden könne.
Das Schul-Comite ist nun bei Verölfenllichung des gegenwärtigen zweiten Jahres-
berichtes in der erfreulichen Lage, constatiren zu können, dass schon gleich Anfangs dieses
Schuljahre mit dem Schnitzen der Anfang gemacht wurde, und es hat alle Ursache, mit
den Erfclgen und Leistungen der Schüler vollkommen zufrieden zu sein.
,. Zeigten die Schüler froher bei ihren Vorabungen Eifer und Freude, so erwachte
die Lust von Neuem, als sie mit dem Schnitzen beginnen durften, wobei auch die Meisten
Talent entwickelten und schnell über die ersten Handgriffe hinauskamen, und ihre Leistun-
gen im Allgemeinen berechtigen zu der Annahme, dass sie in kurzer Zeit Tüchtiges zu
leisten im Stande sein werden. -
Den Anfang bildeten zuerst Uebungen im Handhaben der verschiedenen Schnitz-
werkzeuge, ferner: Hobeln und Sägen an -der Hubelbank, Sagen am Laubsagetisch und mit
dem Laubsägebogen, Schleifen der Werkzeuge u. s. w. Diese Uebungen machte jeder
Schiller einzeln durch, und nach Verlauf Vvon wenigen Wochen ging es sodann an das
Schnitzen nach den, für den Anfangsunterricht im Modelliren vorhandenen Gips-Modellen,
welche nun von den Schülern in Holz ausgeführt wurden, wo sie dieselben in Thon
modellirten.
Unter diesen Uebungen verstrichen die ersten Monate dieses Schuljahrs, nach wel-
ehen der Director der Schule keinen Anstand nahm, die Schüler, da sie wirklich leicht
begriffen und Talent entwickelten, ihre weiteren Uebungen gleich auf praktischem Gebiete
vornehmen zu lassen.
Hiezu boten die Photographien- und Bilderrahmen mit ihren mannigfachen Formen
und Verzierungen die willkommenste Gelegenheit; zuerst wurden ganz glatte einfache
Stabrahmen geschnitzt, ferner solche mit Einem Blatte an jeder Seite, später mit zwei
Blättern und Ranken in Ahorn-, Epheu-, Wein- und Eichenblättern u. s. w.