Die grossen Sammlungen in England weisen daselbst gefundene
Glasgefässe auf, über deren Alter und Herkunft die Ansichten noch
ziemlich weit auseinander gehen. Die sogenannten angelsächsischen fuss-
losen, mit Bändern belegten, auch mit Fadenschmuck versehenen Gläser
haben eine gewisse Aehnlichkeit mit der in Böhmen ausgegrabenen Oel-
flasche (16.91), sind jedoch dünner geblasen. Aber erst in der zweiten
Hälfte des XVI. Jahrhunderts werden Gläser häufiger in den Inventaren
aufgeführt, und im folgenden beriefen die Herrscher Venezianer in das
Land, Thatsachen, die immerhin dafür sprechen, dass die heimische
Production nicht auf hoher Stufe gestanden habe. Bekanntlich hat sich in
keinem anderen Lande der Gebrauch des Zinngeschirres so lange erhalten,
so dass das Bedürfniss nach Glas nicht in gleichem Masse vorhanden
war, wie anderswo. Grosse Anstrengungen machte im XVII. Jahrhundert Sir
Robert Mansel, die Glasfabrication in verschiedenen Theilen des König
reiches einzuführen. Ob auch ihm die Herstellung des Bleiglases zu danken
sei, ist unentschieden. Von diesem mit einem starken Zusatze von Blei
oxyd bereiteten, sehr klaren, leicht flüssigen und für den Schliff geeigneten
Flintglase datirt der grosse Aufschwung der englischen Glasindustrie. Ins
besondere machten sich die mit ganz feinen Prismen überdeckten Trink
gläser, die zugleich einen schönen Klang geben, allgemein beliebt, während
der antikisirende Decorationsstil der Flaxman’schen Periode zu nicht immer
erfreulichen Experimenten verleitete.
Die Beispiele in unserer Sammlung gehen nicht über die Mitte des
XVIII. Jahrhunderts zurück, doch zeigt Nr. 4487 die Technik des Klar
schliffs in glänzender Weise, und von Arbeiten aus neuester Zeit sind
besonders diejenigen von Pellatt & Wood wegen der discreten Anwendung
und virtuosen Durchführung des Brillantschliffes hervorzuheben (z. B.
Nr. 2310, 2315, 2317, 2319; vgl. Taf. XIII).
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In den Niederlanden, namentlich in den südlichen Provinzen,
haben, wie früher erwähnt wurde, Glashütten in Venezianerart dereinst
eine belangreiche Thätigkeit entwickelt, und man fängt jetzt an, deren