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Und nun kann noch das zweimalige Brennen erspart werden, indem
Deck die Glasur gleich auf das Rohgeschirr durch Zerstäuber aufsprengt
und alles zusammen, Masse und Glasur dann in einem Brande fertig
gestellt wird - eine bedeutende Kostenersparniss!
Dass auch Sevres für solche Kolossalstücke die Kosten mit in Be-
rücksichtigung nimmt, erscheint wohl nicht verwunderlich, wenn man
erfährt, dass die Ausformung allein bei mancher großen Vase nach dem
Gießverfahren in Sevres bis 10.000 Frcs. gekostet hat.
Noch in einer Richtung hat Sevres der Porzellankunst neue Bahnen
geschaffen. Die alte Päte tendre, die seit 1804 unter Brogniart der Un-
sicherheit der Fabrication halber aufgelassen worden war, ist wieder neu
erstanden, durch die Forschungen von Lauth und Dutailly so umgestaltet
und auf so sichere Basis gestellt, dass jetzt in Sevres selbst die größten
Stücke daraus hergestellt werden können.
Die engen Grenzen einer Vorlesung gestatten mir nicht mehr, das
Wesen dieser Neuerung darzulegen. Es muss mir genügen, wenn es
mit gelungen sein sollte, mit der flüchtigen Skizze über Sevres und
seine Errungenschaften dargethan zu haben, welche vielfältigen, neuen,
glänzenden Bahnen die Porzellankunst dem französischen Kunstinstitute
verdankt.
Ich bedauere, dass ich nicht in der Lage war, diese Schilderungen
mit glänzenderen, kostbareren Beispielen, als den hier vorgefllhrten Ob-
jecten unserer Sammlung zu illustriren, bedauere auch, dass ein ungün-
stiges Moment, die künstliche Beleuchtung, die Schönheit manches, sonst
ganz prächtigen Schaustlickes hier beeinträchtigt, indem es die Farben
abstumpft, tödtet.
Auch dies Moment hat Sevres nicht außer Acht gelassen. Aus dem
reichen Schatze seiner Decorationsmittel kann es wählen und schafft nun
mit Auswahl jener Farben, die in Gas- oder Lampenlicht ihre Brillanz
behalten, geradezu Kunstporzellane für den Abend.
Bei der großen Rolle, welche das künstliche Licht im Salon spielt,
in den langen Abendstunden, wo der Salon gerade seine Hauptfunctionen
zu erfüllen hat, sind diese durch Beck's Anregung aufgegritfenen Be-
strebungen von Sevres nicht zu unterschätzen, und erklärlich erscheint
das allgemeine Entzücken, das die Abendausstellungen von Sevres in
Paris und auf der Amsterdamer Ausstellung erregten.
So lehrt und führt Sevres in allen Richtungen des Fortschrittes.
Das Porzellan ist heute aus seinen engen Grenzen, aus seiner starren
Sonderstellung heraus; mächtig Huthet es in die anderen Gebiete der
Keramkunst hinüber, eignet sich ihre Decormethoden, ihre EEecte an,
durch _den charakteristischen Reiz und Vorzug seines Materials dabei
immer den höchsten Rang unter den keramischen Producten behauptend.